Geh zu ihm: Von der Motivation zum Aufbruch
Den vollständigen Wortlaut der „göttlichen Anweisung“ von 1611 schrieb Mary Ward 1619 ihrem Exerzitienbegleiter: "Nimm dasselbe von der Gesellschaft. Pater General wird es nie erlauben. Geh zu ihm." Den ersten Satz kennen wir schon. Den zweiten wird man wohl als inneren Einwand Marys deuten dürfen. Auf ihn folgt die Aufforderung, zum Generaloberen zu gehen. Liegt hier der Anstoß zu dem kühnen Gedanken, ihr Anliegen persönlich vor dem Papst zu vertreten, wenn doch die Romreise ohnehin unumgänglich war?
Mary Ward hielt an Heiligabend 1621, noch bevor sie ins Quartier ging, eine zweistündige Gebetszeit in St. Peter und in der Kirche Il Gesù am Grab des hl. Ignatius, dem sie mehrere Gebetserhörungen in Zeiten schwerer Erkrankung zuschrieb. Am 30. Dezember hatte sie eine lange Unterredung in der danebenliegenden Casa der Jesuiten mit dem Generaloberen Mutio Vitelleschi. Dieser war zweimal Rektor des Englischen Kollegs in Rom gewesen. Ob die Unterhaltung in Englisch stattfinden konnte?
Zunächst stand er der Ordensgründung wie sein Vorgänger ablehnend gegenüber. Als er Mary Ward jedoch persönlich kennenlernte, macht sich ein Umschwung bemerkbar. Freilich war er an das 1616 erlassene Dekret 56 der 7. Generalkongregation gebunden, das die geistliche Leitung weiblicher Ordensgemeinschaften durch Jesuiten erneut verbot und ihnen lediglich die gleiche pastorale Betreuung zukommen ließ wie anderen Frauen, die in die Jesuitenkirche kamen.
Mit Henriette Peters darf angenommen werden, „dass es dem gütigen Mann leid tat, durch die Statuten seines Ordens weitgehend gebunden zu sein und vielleicht noch viel stärker durch die aufmerksame Beobachtung der dem Institut abgeneigten Jesuiten“ (Mary Ward. Ihre Persönlichkeit und ihr Institut, S. 601f). In Neapel etwa, wo er eine Zeit lang Provinzialoberer gewesen war und seine Mitbrüder gut kannte, forderte er gelegentlich zu der einen oder anderen Unterstützung auf. In seinem eigenen Haus ließ er sogar eine Verteidigung der Gemeinschaft Mary Wards schreiben, die aber nicht weiter verbreitet wurde.
Weil die Jesuiten sich immer wieder in zwei Lager spalteten, die Befürworter der Frauengemeinschaft, die sich bisweilen unklug in ihre Geschäfte einmischten und ihnen dabei mehr schadeten als nützten, und die Gegner, die sie mit wirklich allen Mitteln bekämpften (so bei den englischen Jesuiten in Belgien, aber auch bei den Patres in München), erließ P. Vitelleschi 1627 detaillierte Anweisungen:
Die Patres sollten sich des Urteils über diese Gründung enthalten; den Kandidatinnen, die eintreten wollten, weder zuraten noch sie abhalten; die Schwestern nicht an andere Orte empfehlen; sich nicht in ihre Geschäfte einmischen; keine Schreiben für sie verfassen; zu häufige oder zu lange Gespräche mit ihnen vermeiden. Sie durften ihnen auch die Sterbesakramente nicht spenden, weil das den Pfarrgeistlichen vorbehalten war. Von größter Bedeutung war es aber, dass der Generalobere entgegen der unglaublichen Menge von üblen Nachreden über die Schwestern seine Mitbrüder aufforderte, ihren Lebenswandel zu loben. Bei sich ergebender Gelegenheit sollten sie ehrenhaft von ihnen sprechen "als integren Personen, die sich im Leben bewährt haben".