9 - Mary Ward und der hl. Ignatius
Nach einer Legende aus Marys Kindheit soll das Wort "Jesus" ihr erstes Wort gewesen sein. Laut Bericht ihrer Mitschwestern war es auch ihr letztes. Ihre Briefe und Aufzeichnungen begann sie mit dem "Ihs", dem Jesus-Monogramm. Wie für die Jesuiten hatten diese Buchstaben auch für sie und ihre Gemeinschaft noch eine zweite Bedeutung: "Jesum habemus socium. Wir haben Jesus zum Gefährten."
Die zentrale Rolle Jesu für ihre Spiritualität hatte sie bereits von den Eltern gelernt und in Kindheit und Jugend von den Beichtvätern der englischen Untergrundkirche aufgenommen. Auch die Wegstrecke als Klarisse wurde weitgehend von Jesuiten begleitet. Die Großen Exerzitien machte sie als Kandidatin in dem von ihr selbst gegründeten englischen Klarissenkloster.
Die Zentrierung auf Christus vertiefte sich weiter im April 1618, als sie in ihren Exerzitien notierte: "Ich war glücklich, als ich erkannte, dass die Weise, die Christus im Gebrauch aller geschaffenen Dinge anwendete, die vollkommenste war. (…) Voranzugehen wie Christus es tat, war der Anteil an Gnade, den ich für mich ersehnte, und all das Glück, das ich mir in diesem Leben erhoffte. (…) Hier nahm ich mir vor (…) mit großer Liebe alles zu umfassen, was mich im Leben und im Handeln Christus ähnlich werden lässt."
Als weiterer Beleg für die Verwurzelung in der Spiritualität der Exerzitien soll der Vorsatz angeführt werden, den sie schon etliche Jahre davor formulierte: "O wie vielfach und ausgezeichnet sind die Mittel gewesen, die ich erhalten habe, um gut zu sein. Über ihre Menge, Vielfalt und ihr Andauern will ich einmal in der Woche meditieren (…)" Das klingt nach der "Betrachtung zur Erlangung der Liebe", mit der die Exerzitien abgeschlossen werden. In ihr wird über die Schöpfung, die Erlösung und die ganz persönlichen Gnadengeschenke meditiert und wie alles Gute von Gott kommt und er in allem wohnt, wirkt und sich für die Menschen müht.
An einem Punkt stand Mary Ward allerdings (der Ersten Woche in) den Exerzitien kritisch gegenüber. Sie schrieb über einen Beichtvater: "Er leitete meine Seele ausschließlich auf dem Weg der Furcht. Ich sollte z. B. mich selbst hassen, die Gerichte Gottes fürchten und vor den Qualen der Hölle zittern; zu alledem war ich unfähig." Mary wollte sich und andere lieber mit Großzügigkeit behandelt wissen, "indem man ihnen bessere Dinge gibt, bevor man ihnen nimmt, was weniger gut ist, indem man das Ziel ändert, nicht das Wesen zerstört". Ihre Mitschwester formulierte die Auffassung Marys so: "Nicht mit Gewalt jemandes Vorliebe und Neigung brechen wollen, sondern ihnen zuerst vor Augen führen, was in sich wahrhaft liebenswert ist, und danach erst die Hässlichkeit des Nichtigen; sie sagte dazu, es sei zu gewalttätig wegzunehmen, was jemand besitzt, ohne ihm stattdessen etwas anderes zu geben."
Auch in Bezug auf den Gehorsam setzte Mary einen eigenen Akzent. Wie es den Konstitutionen der Jesuiten entspricht, betonte sie den Gehorsam den Oberinnen gegenüber ebenso wie dem Papst gegenüber in Bezug auf die Sendungen. Auch hatte sie Papst Urban VIII. wiederholt erklärt, sie werde seinem Urteil gehorchen, wenn er über die von ihnen ersehnte päpstliche Bestätigung des Ordens entscheiden werde. So handelte sie auch und unterwarf sich dem päpstlichen Verbot. Für richtig erklärte sie es allerdings nicht und forderte ihre Mitschwestern mit folgenden Worte zum Gehorsam auf: "Der Beweggrund für dieses Euer Tun sei derselbe, der es für mich bei dieser Empfehlung ist, dass Seine Heiligkeit es so will." So blieb sie der Wahrheit treu, machte aus schwarz nicht weiß und erklärte nicht für richtig, was sie nicht für recht halten konnte.