Wichtig fürs Pilgern und fürs Leben: Einwilligung
Mit der Zeit spielt sich beim Pilgern eine Vertrautheit ein. Ich kenne die Abläufe, das frühe morgendliche Prozedere, den Zeitpunkt meiner ersten Ermüdung. Ich habe den Umgang mit mir und meinem Körper gelernt, einige Herausforderungen gemeistert. Ich weiß inzwischen, was ich kann, und wovor ich mich hüten muss. Ich muss mir nicht mehr beweisen, dass ich die Strecke schaffe.
Das ist die Phase, wo ich von der "Pflicht" zur "Kür" übergehen kann. Neue Freiräume entstehen. Ich nehme andere Pilger:innen wahr. Ich kann ihnen in Ruhe zuhören, ohne selbst aus dem Tritt zu kommen. Ich leiste es mir, bei einer besonders schönen Landschaft zu verweilen, ohne getrieben zu sein vom Zeitpunkt des Ankommens.
Jetzt ist das Schwere, das Anstrengende keine Last mehr. Jetzt ist es die Bestätigung, dass ich auf einem Pilgerweg gehe. Ich hatte mich nicht für einen Spaziergang entschieden, sondern für meinen eigenen, herausfordernden Weg. Damit wird nicht alles leicht. Es bleiben Ermüdung, Genervt sein, vielleicht auch Ärger und Wut. Aber das alles stellt den Weg nicht in Frage. Ich weiß, wofür ich tue, was ich tue. Und das gibt Kraft. Stimmigkeit stellt sich ein, Zufriedenheit und vielleicht sogar ein Gefühl von Glück und Dankbarkeit.
Dazu ein eigenes Beispiel aus einem anderen Erfahrungsbereich, aber doch vergleichbar. In meiner Zeit als Gemeindereferentin waren am Ende des Schuljahres Schlussgottesdienste zu organisieren. Der Hausmeister hatte die Kirche schon geputzt, bereit, selbst in die Ferien zu starten. Und jetzt noch 150 Kinder in der Kirche! Ein Dauerbrenner, der sich jedes Jahr vor den Ferien wiederholte. Auf dem Höhepunkt meines Ärgers kam mir folgender Gedanke: Die meisten Menschen auf der Welt haben Arbeitskollegen. Und die meisten haben darunter einige, mit denen es hin und wieder Ärger gibt. Warum, um alles in der Welt, gehst du davon aus, dass es für dich nur angenehme Arbeitskollegen geben darf? Das Problem war damit nicht beseitigt, und doch war es gelöst.