Berufungscoaching und Berufungsexerzitien
Sr. Regina Köhler CJ bietet verschiedene Formate für Menschen an, die auf der Suche nach ihrer persönlichen Berufung sind. Was gibt meinem Leben wirklich Sinn? Was ist die passende Lebensaufgabe für mich? Wer bin ich eigentlich wirklich und was will ich wirklich, wirklich im Leben?
Diese oder ähnliche Fragen stehen hinter dem Wunsch, die persönliche Berufung zu finden. Manchmal geht es auch schlichtweg um die Tatsache, vor einer wichtigen Entscheidung zu stehen. Dafür gibt es die Angebote Berufungscoaching und Berufungsexerzitien. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Begriffen?
Frage: Berufung ist ein gewichtiges Wort. Was genau bedeutet denn Berufungscoaching für Sie?
Antwort: Im Berufungscoaching unterstütze ich Menschen für sich herauszufinden, was sie wirklich im Leben wollen und aus ihren Möglichkeiten eine attraktive Vision für ihre Zukunft zu entwickeln. Berufung verstehe ich in diesem Rahmen als Ruf zum Menschsein, als Ruf zu einem vollen, sinnerfüllten, zufriedenen Leben. Jeder Mensch ist einzigartig und einmalig und hat etwas ganz Besonderes in die Welt hinein zu bringen. Wer das lebt, macht die Welt bunter und reicher.
Frage: Das klingt, als könnten auch Menschen ohne tiefe christliche Prägung daran teilnehmen. An wen richtet sich diese Form der Begleitung?
Antwort: Berufungscoaching können alle in Anspruch nehmen, unabhängig von Alter oder Glaubensrichtung. Aber oft wünschen sich Kund:innen, in ihren Prozess Spiritualität bewusst mit einzubeziehen. Inhaltlich geht es für jüngere Menschen oft um die Entscheidung, welchen Beruf sie wählen wollen. Studierende und junge Erwachsene kommen häufig mit dem Anliegen zu klären, ob der eingeschlagene Weg richtig war. Menschen in der Lebensmitte suchen eher nach Wachstum, Veränderung und mehr Sinn im Leben, weil sie merken, dass ihnen etwas fehlt. Ich habe auch schon Menschen am Übergang zum Rentenalter gecoacht, die ihre nächste Lebensphase bewusst gestalten wollten.
Frage: Wie funktioniert das dann konkret?
Antwort: Berufungscoaching WaVe arbeitet systemisch und integriert Elemente aus der Lerntheorie, dem Wissensmanagement und dem Lernen aus der Zukunft. Zunächst wird das Anliegen und das Ziel herausgearbeitet, was der:die Kund:in am Ende des Coachingprozesses erreicht haben will. Dann geht es um die eigenen Ressourcen, sinnstiftende Bedürfnisse, Wünsche, Träume, Sehnsüchte, Fähigkeiten und Stärken. Manchmal werden Zwischenschritte eingeschoben, z.B. wenn konkrete Entscheidungen anstehen. Im Lauf der Zeit wird der sogenannte "Möglichkeitsraum" klarer, in dem der oder die Kund:in ein zufriedenes, erfüllendes, sinnvolles Leben finden kann. Am Schluss wird aus den Entdeckungen die eigene Visionsgeschichte entwickelt und konkrete Umsetzungsschritte geplant.
Frage: Gibt es etwas spezifisch Christliches an dieser Art des Coachings?
Antwort: Wie gesagt, Voraussetzung für einen gelingenden Prozess ist das Christliche nicht. Aber für mich liegt das spezifisch Christliche im Menschen- und Weltbild. Ich betrachte jeden Menschen als Geschöpf Gottes, als einmalig, einzigartig und unendlich wertvoll. Ich selber verstehe die Sehnsucht, das was in uns ruft, als schöpfungsgemäß gegeben. Sie ist wie eine Art Kompass, mit dem man zu einem guten, sinnvollen Leben für sich und andere finden kann. Gott hat die Welt gut geschaffen und will, dass alle Menschen das Leben und zwar Leben in Fülle haben. Wir hindern uns nur selber daran. Aber das ist ein weiteres Thema. In christlicher Perspektive ausgedrückt hilft Berufungscoaching zu entdecken, was Gott in mich hineingelegt hat. Es hilft herauszufinden, was ich kann, brauche und wirklich will. Und es hilft, eine konkrete, attraktive Vision für das eigene Leben zu finden.
Frage: Berufungscoaching ist also keine Kaderschmiede für Ordensleute und pastorale Berufe?
Antwort: Nein, überhaupt nicht. Das Berufungsverständnis ist hier nicht auf bestimmte Berufe eng geführt. Es geht um eine Begleitung in Freiheit – so wie sie dem heiligen Ignatius von Loyola und Mary Ward wichtig war.
Frage: Und was ist dem gegenüber Berufungsexerzitien?
Antwort: Berufungsexerzitien sind zunächst ganz normale ignatianische Exerzitien, die unter einer spezifischen Bitte stehen: Die Bitte, dass Gott mir das Geheimnis meiner Persönlichen Berufung zeigen möge. Gemeint ist das Wesen meiner Person, meine tiefste innere Wahrheit und Identität, womit mich Gott beim Namen ruft. In der Bibel geht es immer um dieses 'beim Namen gerufen werden’. Dieser Name ist Sein und Aufgabe zugleich und wird Persönliche Berufung genannt. Die Persönliche Berufung ist nicht losgelöst von der Person Jesu Christi zu finden und ist ein Beziehungsgeschehen. Mit diesem Verständnis folge ich P. Heribert Alphonso SJ. Er schreibt darüber ausführlich in seinem Büchlein "Die Persönliche Berufung" und hat international viele Berufungsexerzitien durchgeführt.
Frage: Wie sieht das konkret aus?
Antwort: Berufungsexerzitien unterscheiden sich nicht von ignatianischen Einzelexerzitien: Es gibt täglich einen Impuls zu einer Bibelstelle, womit der oder die Exerzitant:in etwa vier oder fünf Gebetseinheiten verbringt, dazu täglich ein Begleitgespräch. Inhaltlich folgen die Impulse den "Geistlichen Übungen" wie sie Ignatius von Loyola konzipiert hat. Exerzitien sind ein Beziehungsgeschehen. Es geht um Wachstum in innerer Freiheit und um Christusnachfolge. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Willen Gottes: Gott, was willst du - wer bist du (für mich) und wer bin ich für dich? - wie willst du durch mich in die Welt kommen? In diesem betenden Hinspüren bekommt man Kraft- und Trostworte geschenkt, kommt aber auch an Widerständen, den eigenen Widersprüchen, Fallstricken und negativen Mustern, vorbei. Die eigenen Erfahrungen werden nach jeder Gebetseinheit und am Ende des Tages aufgeschrieben. Daraus lässt sich am Ende ein roten Faden des Wirkens Gottes in diesen Tagen ablesen, der die Persönliche Berufung birgt.
Frage: Ist die Persönliche Berufung im Ergebnis mit dem vom Berufungscoaching vergleichbar?
Antwort: Nein. Am Ende vom Berufungscoaching hat man einen konkreten Handlungsplan mit Umsetzungsschritten in der Hand. Das ist in Berufungsexerzitien anders. In Berufungsexerzitien wird einem ein Wort oder ein Satz geschenkt, der an das Geheimnis der eigenen Person rührt. Ein Wort oder Satz, der einem Kraft, Trost, Mut, Freude und Friede schenkt und der auch die Widerstände integriert, die sich gezeigt haben. Es geht hier um das Geheimnis des eigenen SEINs, wer ich vor und für Gott bin, aus dem sich Sendung und Auftrag ableiten. Allerdings: Das Wissen um die Persönliche Berufung allein reicht nicht; es braucht eine kurze tägliche Rückbindung an dieses Berufungsgeheimnis, sonst kann die Persönliche Berufung im Alltag nicht mehr und mehr lebendig werden.
Frage: Ist das nicht etwas, um das gläubige Menschen im Alltag sowieso bemüht sind?
Antwort: Theoretisch ja, aber es scheint mir geradezu eine Not der Zeit zu sein, dafür zu wenig Raum zu haben. In der Kirche sind wir mit Umstrukturierung, Strukturfragen und Immobilienprozessen beschäftigt. Über allem steht die große Frage, WIE das jetzt funktionieren kann. Das überspringt aber die Frage nach dem Wer und Wozu wir in der Kirche da ist. Die Verwaltungseinheiten werden immer größer, entsprechend wächst die Überforderung der pastoralen Mitarbeitenden. Hier halte ich Berufungsexerzitien für einen Schlüssel, sich der eigenen Identität in Christus wieder bewußt zu werden und die Glut in der Asche neu zu entfachen. Wer um das WER und WOZU weiß, kann auch das WIE seines Weges finden.
Frage: Das klingt sehr hoffnungsvoll. Ist dieses Angebot also mehr als eine persönliche Entscheidungshilfe?
Antwort: Ja, man kann in einem geistlichen Prozess auch gemeinsam als Gruppe oder als pastorales Team nach dem Berufungsnamen fragen. Aber noch etwas anderes: Weil die Persönliche Berufung ein Sein, eine Art Haltung, eine Weise meiner Christusbeziehung ist und nicht ein konkreter Fahrplan für meine Lebensaufgabe ist, kann sie mir in jeder Lebenssituation Halt und Richtung geben. Alphonso spricht davon, dass man die Persönliche Berufung unabhängig von den äußeren Rahmenbedingungen leben kann, was besonders für Ordensleute und Priester relevant ist, die Sendungsgehorsam versprochen haben.
Frage: Was können Menschen tun, die Interesse daran haben, einen dieser Wege für sich auszuprobieren?
Antwort: Ich biete immer wieder Berufungscoaching-Seminare und Berufungsexerzitien an. Die Termine gibt es unter www.regina-koehler-cj.de Wer an keinem der Termine kann, darf sich trotzdem jederzeit bei mir melden. Gerade für Exerzitien sind auch Einzeltermine bei uns im Mary-Ward-Haus in Bad Reichenhall möglich. Und Berufungscoaching biete ich auch Online an. Zeit und geografische Entfernung müßten kein Hinderungsgrund sein.
Vielen Dank für das Gespräch.
Wer noch mehr am Thema Berufungscoaching interessiert ist oder eine Ausbildung zum Berufungscoach Wave machen möchte, wird auf dieser Seite fündig: https://wave.co.at