Schon kleine Gesten helfen: Flüchtlingshilfe in Eichstätt
Eichstätt. In der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Gebäude der ehemaligen Maria-Ward-Realschule Eichstätt sind derzeit etwa 160 Asylbewerber aus ganz verschiedenen Ländern untergebracht. Viele von jenen Flüchtlingen, die Anfang Oktober 2014 hier ankamen, hatten inzwischen „Transfer“, das heißt ihnen wurden von der Regierung Oberbayerns neue Unterkünfte zugewiesen, vielfach über ganz Deutschland verteilt.
Es ist gewiss gut, wenn unsere Nachbarn ein neues Zuhause in Deutschland bekommen, aber der Abschied in „Maria Ward“ fällt durchaus schwer. Besonders die Kinder überwinden die unterschiedlichsten Nationalitäten rasch und haben hier in Eichstätt gute Sport-, Bastel-, Gemeinschafts- und Spielmöglichkeiten. Auch für uns CJ-Schwestern gehen die Abschiede immer neu zu Herzen. So ist die kurdische Familie, die Sr. Edith Mayer CJ (unten links im Bild) in Deutsch unterrichtete, inzwischen nach Bayerisch Gmain verlegt worden.
Mehrere muslimische Familien, die mit Sr. Claudia Köberlein CJ freundschaftlich verbunden waren, kamen zum Beispiel nach Wickede, Hamburg, Erding, Schäftlarn… Sprachlich gelingt die Verständigung nicht immer, aber im liebevollen Blick füreinander kommen gute Kontakte auch über die Sprachbarrieren hinweg zustande. In den vergangenen Monaten haben wir unseren NachbarInnen zum Beispiel viel Wolle geschenkt. Es geht einem dann wirklich zu Herzen, wenn Kinder und Mütter einen gestrickten Schal oder ein gehäkeltes Handytäschchen zurückschenken.
Nicht einfach ist es nach wie vor für die Männer aus Eritrea, die eine sehr schwierige Flucht (über den Sudan) hinter sich haben und bisher kaum Zukunftschancen sehen. Mit ihnen zusammen beim Abendessen zu sitzen ist zwar keine Zukunftshilfe, aber eine Geste der
Annahme, die Freude schenkt und Not teilt.
Seit 2. Januar 2015 kamen auch wieder „neue“ Asylbewerber an, viele davon aus dem Irak. So unterrichtet Sr. Edith Mayer CJ inzwischen einen 24jährigen katholischen Christen aus dem Irak. Er ist sprachlich begabt, lernt sehr fleißig und ist daran interessiert, schnell voran zu kommen. Ihm konnten wir inzwischen auch Kontakte zur Katholischen Hochschulgemeinde und zu den Ministranten der Dompfarrei vermitteln, was ihm gut tut. Denn er wohnt in „Maria Ward“ in einem Zimmer, das mit Flüchtlingen aus sieben verschiedenen Nationen belegt ist. Da ist es nicht zu verwundern, dass es auch Spannungen geben kann.
Zurzeit sind auch mehrere jesidische Familien aus dem Irak hier untergebracht, die als Religionsminderheit von den IS-Kämpfern ebenso wie die Christen verfolgt werden. Wenn sprachlich manchmal überhaupt keine Verständigung mehr möglich ist, rufen die Irak-
Flüchtlinge ihre Bekannten an, die schon in Deutschland sind, überreichen uns das Handy, damit diese uns sagen können, wo und wie wir die Einzelnen unterstützen können. So sind wir CJ-Schwestern in Eichstätt wirklich dankbar, dass wir mit kleinen Diensten und
Gesten, unsere Flüchtlings-Nachbarn unterstützen können. Manchmal kann es auch nur ein Glas Honig sein, das bei Erkältung gut tut oder eine Autofahrt ins Krankenhaus, wenn ein Mädchen Ohrenschmerzen hat oder eine Begegnung in Hof und Garten …
Alle sehnen sich nach Schalom
Wenn wir so die Flüchtlinge und Flüchtlings-Familien direkt erleben, hoffen wir sehr, dass die Demonstrationen gegen Asylsuchende in unserem Land aufhören. Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, die schwierigste Situationen auf der Flucht bestehen mussten und nun auf eine friedvollere Zukunft hoffen, sind uns und müssen uns willkommen sein. „Schalom“ ist das Wort, dass wir oft hören und nach dem sich alle sehnen – über die Religions- und Landesgrenzen hinweg.
Im Haus Maria Ward in Eichstätt sind die Flüchtlinge Gott sei Dank gut aufgenommen und viele Mitarbeiter/innen setzen ihre Kraft in dieser Erstaufnahmeeinrichtung ein: die Security, die Reinigungskräfte, die Catering-Angestellten, die Hausmeister, die Sozialarbeiter/innen der Caritas, die Malteser, die Ärzte, die Ehrenamtlichen …
Der Leiter der Einrichtung, Tobias Geyer (Foto unten), hat inzwischen im Eingang des Hauses ein Maria-Ward-Bild aufhängen lassen und dazu die passenden Worte: „Die Armen zu lieben, in dieser Liebe zu verharren, mit ihnen zu leben, zu sterben und aufzuerstehen, war das Ziel von Maria Ward“ (Inschrift auf dem Grabstein Maria Ward – 1645).
Wir CJ-Schwestern in Eichstätt sind überzeugt, dass sich Maria Ward im Himmel freut, dass in „ihrem Haus“ Menschen unterschiedlicher Religionen und Nationalitäten Unterkunft, Hilfe und Wertschätzung bekommen und ihnen Perspektiven für eine beginnende neue Zukunft gegeben werden.
Text und Fotos: Sr. Claudia Köberlein CJ