Romreise der Gefährtinnen

Die Gefährtinnen auf den Spuren Mary Wards

Eindrücke einer Romreise zu Orten des Gemalten Lebens

Rom. Einmal auf den Spuren Mary Wards durch Rom zu gehen war für neun Gefährtinnen in Begleitung von Sr. Marianne Milde CJ und Sr. Ulrike Dimler CJ in der letzten Oktoberwoche die Erfüllung eines lange gehegten Wunschtraums. Die Anreise war für einige etwas strapaziös: der nächtliche Liegewagen war defekt. Das hieß, 12 Stunden im Abteil zu sitzen. Aber was hätte Mary Ward dafür gegeben! Entschädigung war der herzliche Empfang im Haus des Generalats durch die Oberin Sr. Cristina Irsara CJ und Sr. Angela, die immer wieder mit ihrem „Taxi“ im Einsatz war.

In den kommenden Tagen orientierten sich die Gefährtinnen an einem Romführer von Sr. Ursula Dirmeier CJ, beginnend mit der ersten Adresse Mary Wards in der Via Monserrato im Viertel des Campo Martio. Der Sonntag bot die Möglichkeit zu einem Besuch im nahen ‘Venerable English College‘, dem Kolleg für englische Priester, mit einem Gottesdienst auf Englisch. Dieses Haus war für Mary Ward quasi die erste Anlaufstelle in Rom. Hier wohnten als Priesterkandidaten die einzigen Menschen, die sie kannte, Verwandte und Freunde ihrer Gefährtinnen. Von den Jesuiten, die damals das College leiteten, hat sie mancherlei Hilfe erfahren. Aber schon nach einem Jahr stand sie hier am Grab ihrer Schwester Barbara, der ersten Oberin. Eine Marmortafel in der Kirche erinnert an sie und drei weitere Gefährtinnen, die ebenfalls hier begraben liegen. Mary Wards Portrait hängt heute im Treppenaufgang zur Empore.

Nur wenige Meter entfernt steht das rotbraun gestrichene Eckhaus, in dem die „Dames Inglesi“ möglicherweise zuerst gelebt und gewirkt hatten; am gegenüberliegenden Haus in der Via Montoro weist auch eine Gedenktafel auf sie hin. Dass sie hier nach wenigen Monaten schon 130 Mädchen unterrichteten, ist unglaublich und zeigt das große Interesse und Bedürfnis in der Bevölkerung. Man weiß, dass sie viel Lob bei den Menschen ernteten, aber selbst in sehr großer Armut lebten. Der Weg führte dann zu drei kleineren Kirchen im näheren Umkreis des Hauses, in denen Mary Ward sicher oft gebetet und nach dem Zeugnis des Gemalten Lebens (GL) besondere Gnaden und Einsichten von Gott erhalten hat: San Girolamo della Caritá (GL 39), Santa Caterina della Rota und Sant‘ Eligio degli Orefici (GL 41).

Die Solidaritäts-Demo von 1625

Die Statue Giordano Brunos am nahe gelegenen Campo de‘ Fiori gab es damals noch nicht, aber seine Verbrennung auf diesem Platz 20 Jahre zuvor war wohl noch in lebendiger Erinnerung. Gerüchte gingen um, es würde sie bei ihrer Rückkehr aus München das gleiche Schicksal ereilen: Verbrennung wegen Häresie. Auf diesem Platz demonstrierten 1625 auch die Mütter von Rom, als auf Anordnung der Kurie die Schule geschlossen werden musste. Am 21. Mai 1631 schließlich wurde hier ein Exemplar der Aufhebungsbulle öffentlich angeschlagen.Diese erste Wohnung der Schwestern gehörte zur Pfarrei San Lorenzo in Damaso, eine Barockkirche, integriert in den Renaissancepalast der päpstlichen Kanzlei, der Cancelleria. Im Pfarrregister sind die Namen der ersten Schwestern in italienischer Sprache eingetragen. Hier, beim Sekretär der Propagandakongregation, wurden die Anklageschriften gegen Maria Ward und ihr Werk zusammengetragen und die Aufhebungsbulle verfasst, die 1631 dann auch hier, wie am Lateran und in St. Peter veröffentlicht wurde.

An der Porta Flaminia gedachte man in der Kirche Santa Maria del Popolo der Ankunft der kleinen Gruppe von sechs Frauen, drei Männern und einem Pferd nach ihrer beschwerlichen Reise von Lüttich über die Alpen am Heiligen Abend 1621.
Auch die Gegend der zweiten Wohnung Maria Wards in der Nähe von Madonna dei Monti wollten die Gefährtinnen aufsuchen. Ein Blick auf den Stadtplan machte deutlich, welche Entfernungen Maria bei ihren Gebetsübungen zurücklegte, wenn sie von hier vierzig Tage zu Fuß nach Sankt Peter und zu anderen Kirchen pilgerte.

Ein weiteres Ziel war die Basilika Santa Maria Maggiore, denn hier ganz in der Nähe, zur Pfarrei Santa Prassede gehörend, bezog Maria Ward mit wenigen Gefährtinnen ihre dritte Wohnung in Rom, als sie 1633 aus München zurückkehrten.
1635, also vier Jahre nach der Aufhebung des Instituts, waren es 23 Mitglieder, die ihr inzwischen aus verschiedenen Teilen Europas gefolgt waren. Wahrscheinlich durften sie nicht im gleichen Haus wohnen, denn ein Gemeinschaftsleben war durch die Unterdrückungsbulle verboten. Sie standen unter dauernder Überwachung.

Überall Orte voller Bedeutung

Von hier aus gab es noch einen kleinen Abstecher um die Ecke  in das kleine, sehr alte und schön restaurierte Kirchlein von Santa Pudentiana, der Schwester der hl. Praxedis. Ein Nachmittag war dem alten römischen Viertel Trastevere gewidmet. In dem Kirchlein Santa Maria dell’Orto (Maria vom Garten) hatte Maria am 11. April 1625 ein ganz besonderes mystisches Erlebnis (GL 40)  Die Gefährtinnen  erfuhren interessante Details über Mary Ward und die Geschichte dieser Kirche, die heute noch der Gilde der Gärtner gehört, von einem der drei letzten aktiven Mitglieder dieser Bruderschaft.  Nicht weit entfernt lag die Kirche Maria della Strada, wo Mary  für einen befreundeten schwer erkrankten Arzt gebetet und ihren Schlaf für ihn aufgeopfert hat, der dann auf wunderbare Weise geheilt wurde.(Vita E)

Weitere Kirchen und Orte, die in Zusammenhang mit Mary Ward aufgesucht wurden, manchmal mit einer kleinen Statio, einem Lied oder einem Halleluja verbunden, waren Santa Maria in Trastevere, San Pietro in Vincoli (GL 38), Madonna dei Monti, San Marco (GL 42),  Santa  Maria sopra Minerva beim Pantheon, Santa Maria della Concezione, Sant‘ Ignatio und natürlich Il Gesu mit den Camerette des heiligen Ignatius, wo sie gleich nach  ihrer Ankunft am Heiligen Abend 1621 zwei Stunden im Gebet verbrachte.
In der Nähe der Spanischen Treppe kamen die Gefährtinnen vorbei an der Spanischen Botschaft, wo Maria Ward die Briefe der Erzherzogin Isabella überreichte und am Palazzo di Propaganda Fide, jener Congregation, die die Sache des Instituts hauptsächlich behandelte und unter ihrem Sekretär Francesco Ingoli letztlich zum Scheitern brachte.

Ein Höhepunkt der Reise war die Teilnahme an der Generalaudienz von Papst Franziskus. Nicht nur, weil man ihn mehrmals im Vorbeifahren ganz nahe zu sehen bekam. Das größte Geschenk war eine exclusive Führung der kleinen Gruppe von Gefährtinnen und Schwestern durch den völlig leeren, riesigen Petersdom, während der Papst draußen seine Ehrengäste verabschiedete und die Brautpaare segnete! Da stimmte es schon nachdenklich, dass Mary Ward im November 1626 Rom verließ, eine Woche bevor Papst Urban VIII diese damals größte Kirche der Welt einweihte!

Aber nicht nur die Besichtigungen in der Stadt, sondern auch die Begegnungen und der Austausch in der Gemeinschaft des Hauses, von der morgendlichen Eucharistiefeier bis zum Tagesabschluss in froher Runde, mit Generalassistentin Sr. Elisabeth Kampe, Sr. Cristina und Sr. Angela,  machten die Tage zu einem unvergesslichen Erlebnis. Am Tag des Abschieds, als schon die ersten Gefährtinnen davon flogen, besuchten die übrigen noch zum Ausklang Sankt Paul vor den Mauern, bei  südlich warmem Herbstwetter. Alle Teilnehmerinnen waren sich einig: Leben und Leiden Mary Wards während ihrer Jahre in Rom konnten nicht lebendiger und nachhaltiger erfahren werden.
Text: Maria Singer / Fotos: Gabriele Leuchner

Immerwährender Kalender

Die Gefährtin Christiane Paar hat gemeinsam mit Markus Roentgen einen immerwährenden Kalender herausgebracht. Er trägt den Titel ZEIT-LOS und ist in der Edition Octopus erschienen (ISBN 978-3-95645-371-7) und kostet 8.20 Euro. Bestellungen über den Buchhandel oder über die Homepage des Verlags (www.edition-octopus.de).