Reisebericht aus Korea

Nach einem elfstündigen Flug, der glücklicherweise über Nacht ging, so dass wir eine Zeit davon verschlafen konnten, kamen wir pünktlich am 3. Juni um 10 Uhr am Flughafen von Seoul an. Dort wurden wir dankenswerterweise von Sr. Cäcilia und Sr. Hyazintha abgeholt. Was für ein Glück für uns Grünschnäbel, die von dieser riesigen Stadt im fernen Asien ziemlich überfordert waren! Gegen Seoul ist München wirklich ein winziges Dorf. Nach der Fahrt mit dem öffentlichen Bus wurden wir mit dem Kleinbus noch bis zur CJ-Niederlassung in Seoul kutschiert.

Blick vom Fernsehturm über die Stadtlandschaft von Seoul.

Seoul ist inzwischen so groß, dass es eigentlich keine Stadt mehr ist, sondern eher eine Stadt-Landschaft. Im Einzugsbereich dieser Stadt leben 13 bis 15 Millionen Menschen. Wie groß diese Stadt ist, konnten wir gut bei einem Ausflug auf den Namsan Tower sehen: Alles, was da an Fläche besiedelbar ist, ist mit Hochhäusern bebaut.

 

Vorgarten und Eingang des CJ-Hauses in Seoul.

Das Schwestern-Haus wurde 1964 auf einem Feld vor den Toren Seouls gebaut – inzwischen steht es sich mitten in der Stadt. Glücklicherweise befindet sich direkt hinter dem Haus ein Hügel, der nicht bebaubar ist. Diese grüne Oase nutzen die Schwestern, um zu meditieren und spazieren zu gehen. Der Weg auf den Hügel mündet auf der anderen Seite in einem wunderschönen öffentlichen Park. Das hat mich an Nymphenburg erinnert, wo man vom Schwesternhaus ja auch gleich in den Schlosspark gehen kann.

 

Am 6. Juni sind wir von Seoul mit dem schnellsten Zug Koreas (so einer Art ICE, nur viel besser, weil pünktlich) nach Daejeon ins dortige Provinzhaus gefahren, wo um 14 Uhr die große Feier zum 60. Jubiläum der ersten Niederlassung in Korea stattfand.

Die feierliche Enthüllung der Mary-Ward-Statue.

Vor der Festmesse wurde auf dem Vorplatz der Schule eine überlebensgroße Statue von Mary Ward als Pilgerin enthüllt. Die koreanischen Mitschwestern haben sich überlegt, dass sie in jeder Niederlassung, die zu ihnen gehört, eine etwas kleinere, 50 Zentimeter große Replik der Statue aufstellen. Wir Münchnerinnen haben auch so eine Bronze-Statue bekommen, die momentan noch in Pasing bereitsteht. Wir haben uns unglaublich über dieses Geschenk gefreut, aber weil es so wertvoll ist, nur unter einer Bedingung angenommen: Wir betrachten die Statue als „Vorausgeschenk“ für unser 400-jähriges Jubiläum, das wir 2027 in München feiern werden.

Der Festakt fand in der fabelhaften Aula der dortigen Schule statt. Es waren über 400 Gäste da, eine Heerschaar von Priestern und der Bischof der südkoreanischen Diözese Daejeon Augustinus Kim Jong Soo.

Während der Festmesse haben auch drei Mitschwestern ihr 25-jähriges und fünf Mitschwestern ihr 50-jähriges Profess-Jubiläum gefeiert: Wir hatten wirklich eine richtig große Jubel-Feier.

 Anschließend haben noch verschiedene Menschen Dankes- und Grußworte gesprochen, darunter auch die Generaloberin Sr. Veronika Fuhrmann und Sr. Cosima Kiesner als Provinzoberin der MEP und „Oma-Haus-Vertreterin“, sowie die Provinzoberin Koreas selbst. Auch der Bischof hat Etliches gesagt, von dem wir leider nichts verstanden haben. Aber es scheint positiv gewesen zu sein, denn an vielen Stellen wurde gelacht. Hin und wieder hat er auch ein paar deutsche Brocken in seine Rede eingearbeitet – offenbar war er einmal in München bei uns zu Gast, betreut von Sr. Hermine, die damals Gastmeisterin und Pförtnerin war. Immerhin das haben wir verstanden: Er scheint sich sehr wohlgefühlt zu haben bei uns.  

 

Auch in Daejeon ist es extrem beengt, denn das Mary-Ward-Areal ist dort wirklich mitten in der Stadt. Das Gelände mit Elementarschule, High School, Sportplatz und den Gebäuden der Schwestern ist eingezwängt zwischen lauter Wolkenkratzern.

Sr. Cosima und Sr. Elisabeth Pak, eine der Gründerinnen der koreanischen Provinz.

Sr. Elisabeth und Sr. Franziska, die Gründerinnen, die vor 60 Jahren bei uns ihr Noviziat haben, waren auch bei dem Festakt. Sr. Elisabeth Pak war die erste koreanische Schwester, die 1957 nach München gekommen ist und ihre Ewigprofess am 31. Mai 1964 in Nymphenburg abgelegt hat, hat mich sehr beeindruckt. Diese Schwestern sprechen übrigens nicht nur sehr gepflegt deutsch, sondern ein wunderbares Bayerisch. Die Schwestern, die Nymphenburg damals erlebt haben, aber auch die Schwestern, die in jüngerer Zeit in Deutschland waren, haben ihre Erinnerungen mit uns geteilt und sich riesig gefreut, dass wir gekommen sind.

Sie haben auch immer wieder betont, wie dankbar sie sind für diese Zeit. Mich hat das sehr beeindruckt, weil ich mir dachte: Klar haben die deutschen Schwestern damals ihr Bestes getan, aber ob das den Koreanerinnen immer so angemessen war, können wir gar nicht beurteilen. Die Frauen mussten damals nicht nur eine fremde Sprache lernen, sondern auch eine ihnen ganz fremde Kultur. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Heimweh die damals gehabt haben.  Aber nachdem sie immer wieder ihre Dankbarkeit ausgedrückt haben, denke ich mir: Das muss schon so gepasst haben für sie.  

Sr. Marica mit Sr. Benedicta in Boeun.

Ich bewundere auch die beiden deutschen Schwestern, Sr. Virginie Kömm und Sr. Anna Resch , die 1964 mit den koreanischen Schwestern nach Korea gegangen sind und den Aufbau vor Ort in Gang gebracht haben. Sr. Virginie war zwölf Jahre dort und diese Zeit hat sie sehr geprägt und auch verändert, wie ihre älteren Mitschwestern erzählt haben.

Es war wirklich großartig, mit unseren Mitschwestern zusammen die 60-Jahr-Feier zu begehen und sich bewusst zu machen, was die Koreanerinnen in diesen 60 Jahren Unglaubliches geleistet haben. Die koreanische Provinz ist im Begriff, unsere Mitteleuropäische als größte Provinz zu überholen.

Nach der großen Feier haben wir noch viele Begegnungen mit den Mitschwestern gehabt. Natürlich war die Sprachbarriere bisweilen ein Problem, weil nicht alle von ihnen englisch oder deutsch sprechen – und wir kein koreanisch. Aber nichtsdestotrotz haben wir ihre Offenheit und Gastfreundschaft sehr genossen, die wohlwollenden Begegnungen und miteinander zu essen und zu trinken.

Natürlich haben wir auch noch ein bisschen Touristen gespielt, um das Heimatland unserer Mitschwestern kennen zu lernen. Wobei wir das große Glück hatten, unsere private Führerin und Übersetzerin immer dabei zu haben: Sr. Cäcilia, die Oberin in Seoul hat sich viel Zeit für uns genommen. Wir wurden wie Prinzessinnen in unserem eigenen Kleinbus durch die Landschaft kutschiert. Das ist schon eine andere Art zu reisen, wenn man seine persönliche Fremdenführerin immer dabei hat und sich nicht durchfragen muss. Am letzten Tag haben Sr. Cosima, Sr. Marica und ich uns alleine in Seoul auf den Weg machen wollen, um noch ein paar Souvenirs und Mitbringsel zu besorgen. Da haben wir dann ganz schnell gemerkt, wie verwöhnt wir wurden.

Das Banner ist eines von sehr, sehr vielen Geschenken, die wir mit nach Hause nehmen durften.

Vielleicht die größte Herausforderung bei dieser Reise war das Kofferpacken am Schluss. Obwohl wir unser Geschenk (die Kerze und der Kerzenständer) ja schon abgegeben hatten und ich extra alte Klamotten mitgenommen hatte, die ich dort wegschmeißen konnte, war es uns fast nicht möglich, die Koffer schließen zu können. Denn wir wurden wirklich reich beschenkt: Neben der Maria-Ward-Statue, die wir sicher mit unserer Wäsche ausgepolstert in einem Koffer verpackt hatten, mussten wir noch 100 Päckchen mit kleinen Geschenken unterbringen, die die Schwestern uns für die Zuhause gebliebenen gepackt hatten. Jede Ritze war kostbar, um diese 100 Päckchen, die unzähligen kleinen Geschenke, die wir sonst noch erhalten haben, und die Mitbringsel, die Sr. Cosima leichtsinnigerweise auch noch gekauft hatte, unterzubringen.  

Nach elf erlebnisreichen Tagen voller wunderschöner Begegnungen und vieler Eindrücke, flogen wir dann wieder zurück nach München – diesmal tagsüber. Der Flug dauerte 13 Stunden und ich habe noch nie so viele Sudokus gelöst, Spielfilme geschaut und so oft die Toilette besucht, wie in dieser Zeit. Aber wir sind froh und dankbar für diese Reise und die vielen eindrücklichen Begegnungen. Die Gastfreundschaft unserer koreanischen Mitschwestern war so groß – ich glaube, davon können wir uns einiges abschauen.  

 

Text und Bilder: Sr. Gabriele Martin