Kirchenzeitung berichtet
"Kirche bunt" sprach mit Teilnehmerinnen einer erstmalig durchgeführten Begegnung von Ordensfrauen der Congregatio Jesu aus sieben Ländern
„Wir wollen einander besser kennen lernen. Und wir müssen heute eng zusammenarbeiten.“ Das nennt Sarah Dobson, Mitglied der Congregatio Jesu aus London, als Hauptmotivation für das erste derartige Treffen jüngerer, d. h. aktiver Mitglieder der früher als „Englische Fräulein“ bekannten Ordensgemeinschaft. An dem Treffen im Lilienhof in St. Pölten-Stattersdorf nahmen 43 Ordensfrauen aus sieben europäischen Ländern, von England über die Slowakei bis zur Ukraine, teil. Die von Mary Ward im Jahr 1610 gegründete Gemeinschaft, die sich heute „Congregatio Jesu“ nennt und damit ihre ignatianisch geprägte Spiritualität zum Ausdruck bringt, steht wie fast alle Orden vor großen Herausforderungen. Nur ein kleiner Teil der Schwestern ist unter 60. Langfristig gesehen werde es möglicherweise gar nur mehr eine einzige Provinz in Europa geben. Einer der Programmpunkte des Treffens war denn auch „Mary Ward als Europäerin“, einer Frau mit einer großen Vision, gewidmet.
Waren die „Englischen Fräulein“, wie der Orden unter Verweis auf das Gründungsland (die Herkunft der Gründerin) genannt wurde, ein klassischer Schulorden, so sind heute in der mitteleurpäischen Provinz keine Schwestern mehr in der Schule, sagt Sr. Nathalie Korf aus Frankfurt. Viele der heute aktiven Schwestern sind in der kategorialen Seelsorge tätig, etwa in der geistlichen Begleitung und als Leiterinnen von Exerzitien, halten Fortbildungen für pastorale Mitarbeiter. Dazu kommen Aufgaben im sozialen Bereich. Einzelne Mitglieder haben spezielle Aufgaben wie Lobbying im Bereich der Altenarbeit, Medienarbeit oder theologische Forschung und Lehre.
In der Slowakei zählt der Orden rund 170 Schwestern in mehr als 20 Gemeinschaften. Der überwiegende Teil ist in der Erziehung tätig. In der Slowakei führte der Orden nie Schulen, aber viele Schwestern unterrichten, nicht nur Religion, berichtet Sr. Eva Jaroušková. Viele Schwestern sind in der Pastoral oder im sozialen Bereich tätig, etwa in Pfarren oder als Krankenschwestern. In der Slowakei gibt es noch viele junge Schwestern. Heute gibt es jedes Jahr eine oder zwei Novizinnen.
In Rumänien hat der Orden nach der „Wende“ von 1989 kurzfristig einen großen Aufschwung erlebt. Zur Provinz gehören heute 115 Schwestern, die hauptsächlich in Kindergärten, in der Sozial- und Pastoralarbeit tätig sind, führt Sr. Veronica Boasa aus. Einige Schwestern unterrichten verschiedene Fächer an einer diözesanen Schule. Gerade einmal acht Prozent der Bevölkerung Rumäniens sind Katholiken, die große Mehrheit ist rumänisch-orthodox. In ihrem Heimatdorf kannte sie nur die katholische Kirche, als sie in die Stadt kam, hatte sie Interesse, die Orthodoxen kennen zu lernen. Die rumänisch-orthodoxe Kirche sei sehr traditionell geprägt und entwickle erst langsam ein stärkeres soziales Engagement. Im Kindergarten sei es wichtig, mit den Kindern beten zu lernen und überhaupt, dass sie in Beziehung zu Gott kommen, so Sr. Veronica. Viele Kinder kommen aus orthodoxen Familien. Die rumänische Provinz der Congregatio Jesu hat aber auch Niederlassungen in Italien und Kuba, wo jeweils einige Schwestern pastoral tätig sind.
„Wir sind eine sehr kleine Provinz“, beschreibt Sarah Dobson die Situation im Gründungsland des „Institutum Beatae Mariae Virginis“ (IBMV), wie der Orden offiziell bis 2004 hieß. 31 Mitglieder leben in vier Gemeinschaften, nur drei Schwestern sind jünger als 60. Die noch aktiven Ordensfrauen - darunter Theologinnen und auch eine Psychotherapeutin - bieten spirituelle Angebote an, vermitteln in Kursen theologisches Grundwissen oder stehen Menschen in Lebenskrisen zur Seite. Wichtige Anliegen sind aber auch die Bewusstseinsbildung für soziale Gerechtigkeit und handfestes politisches Lobbying, wo es um Armut und Ungerechtigkeit geht. Was die Zukunft betrifft, gibt es für Sarah Dobson einen kleinen Hoffnungsschimmer. „Wir erleben derzeit eine Menge an Aufmerksamkeit“, sagt sie. Das liegt zum einen an einer Kandidatin, die in allen Medien ein Verständnis für religiöses Leben im Alltag vermittelt. Dazu trägt vor allem auch Papst Franziskus bei, der erste Jesuit als Papst – Mary Ward verstand die von ihr gegründete Gemeinschaft ja geradezu als weiblichen Zweig der Jesuiten, mit einer neuen Form des Gemeinschaftslebens, ohne Klausur, bereit zum apostolischen Leben. Und schließlich gibt es Menschen auf Sinnsuche, die sich mit dem Gedanken an ein Ordensleben tragen. „Die Frauen, die bei uns eintreten wollen, sind nicht mehr jung“, stellt Sarah Dobson fest – und benennt damit ein Phänomen, das nicht nur auf ihre Ordensgemeinschaft zutrifft. Der klassische Weg von der Matura an einer Ordensschule direkt ins Noviziat ist heute die große Ausnahme.
Quelle: Kirche bunt - St. Pöltner Kirchenzeitung