Jubiläum in Schleusingen
Schleusingen. Einige Tage vor dem Weihnachtsfest feierten wir den 50. Jahrestag der Segnung unserer Kirche in der Georg-Neumark-Straße. Am 4. Adventssonntag 1964 hatte der mühevolle Kampf um eine bleibende Stätte für den eucharistischen Herrn und eine Heimat für die kleine, bunt zusammen gewürfelte Katholische Gemeinde ein glückliches Ende gefunden.
Die Chronik erzählt vom ersten, wenig geeigneten Raum im alten Schießhaus als Notlösung für eine Möglichkeit, dass sich die fast ausschließlich heimatvertriebenen Katholiken aus Schleusingen und vielen umliegenden Dörfern überhaupt versammeln konnten, vom Mietvertrag mit dem damaligen Besitzer des Gasthauses „Weißes Ross“ am Markt und schließlich – nach dem Verkauf des „Weißen Rosses“ und der damit verbundenen Kündigung – vom Erwerb einer Villa in der Georg-Neumark-Straße 12. Der erwünschte Bau einer Katholischen Kirche in der Suhler Straße in Schleusingen war vom Rat des Kreises abgelehnt worden – wollte man doch das dem anvisierten Bauplatz gegenüberliegende Kur-und Kinderheim "Hilde Coppi" nicht „beeinträchtigen“!
Chronist und damaliger Pfarrer war der Steyler Pater Bernhard Glatzel, der keine Mühe scheute, den Katholiken in der damaligen DDR zu ihrem Recht zu verhelfen, keine Furcht vor dem Kampf mit den Behörden kannte und sich von Rückschlägen nicht entmutigen ließ. Aber eine Villa ist noch keine Kirche! Eingereichte Änderungswünsche wurden abgelehnt, jedoch wurden ein kleiner Anbau an der Südostseite und die Umgestaltung der Parterreräume zu einem Kirchenraum genehmigt. Pfarrer Glatzel berichtet in der Chronik von den „Mengen von Bier, Bockwürsten, Rauchwaren und Trinkgeldern“, die aufgebracht werden mussten, damit das Werk gelang, aber auch von den vielen Wohltätern, die mit Rat und Tat und vor allem mit ihrer Zeit dazu beisteuerten, dass am 4. Advent 1964 das Werk vollendet war. Für die Ausmalung des Altarraumes konnte der Görlitzer Kunstmaler Dr. Georg Nawroth gewonnen werden, der innerhalb einer Woche seinen Plan verwirklichte, auf der Südwestwand „ein Marienleben zu erzählen“.
Den Einsegnungsgottesdienst – bis zur Weihe des erst zu erwerbenden endgültigen Altares sollten noch zwei Jahre vergehen – nahm Prälat Uthe, Generalvikar im damaligen Bischöflichen Amt Erfurt-Meiningen vor. Es war ein unvergesslicher Festtag für die gesamte Schleusinger Gemeinde.
50 Jahre sind derweil ins Land gezogen. Geteilt wird diese Zeit durch die Wende und den Untergang der DDR vor 25 Jahren. Wechselvoll ist die Geschichte der Gemeinde in diesen 50 Jahren in jeder Hinsicht: noch einige Nachfolger für P. Glatzel, dann Zugehörigkeit nach Zella-Mehlis und schließlich nach Suhl, für viele Jahre Herr Eichhorn als Diakon für Schleusingen, zwei Jahre lang Pfarrer Lang aus Bayern, seit 2008 wir Schwestern der Congregatio Jesu. Die Jahre sind gefüllt mit Freuden und Sorgen pastoralen Lebens, mit dem persönlichen Schicksal jedes Einzelnen in diesem Beziehungsgeflecht gläubiger, aber auch fernstehender Menschen. Gott sei Dank sind Kirche und Wohnung in der Kirche „St. Marien“ nie verwaist, das Haus nie verschlossen gewesen. Die ökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Geschwisterkirche macht Freude, denn die Christen in dieser Diasporagemeinde halten zusammen.
An diesem Sonntag waren alle Plätze gefüllt, aber im Alltag lichten sich die Reihen. Viele der vor 50 Jahren Feiernden sind im endgültigen Haus des Vaters angelangt, die jüngeren und jungen Gemeindemitglieder sind rar, aber umso kostbarer. Es ging heute nicht darum, die statistischen Zahlen der Katholischen Gemeinde von damals und heute zu vergleichen und düstere Prognosen zu machen. Es war für unsere Gemeinde ein Tag des Dankes und des Vertrauens auf den Herrn – Dank für alle erfahrene Hilfe und Vertrauen darauf, dass „seine Huld für immer und ewig bestehen und seine Treue uns nicht verlassen wird“ – wie wir im Psalm nach der Lesung gesungen haben.
Da wir im Winter unseren schönen Garten nicht nutzen können und uns nur unser kleiner Gemeinderaum zur Verfügung steht, feierten wir in bescheidenem Rahmen. Als Ehrengäste hatten wir unsere evangelische Pfarrerin Dorothea Söllig mit Ehemann und unseren Bürgermeister Klaus Brodführer mit seiner Frau eingeladen. Sie erfreuten die Festgemeinde durch sehr persönliche Grußworte vor dem Segen. Nach dem Gottesdienst luden wir dann zum Stehempfang bei Glühwein, Tee und Plätzchen ein und in guten Gesprächen wurde noch so manche Erinnerung aus den vergangenen 50 Jahren ausgetauscht.
Text und Fotos: Sr. Gudula Bonell CJ