Hilfe für die Frauen
Soziale Projekte, Erstprofess und der Papstbesuch
Sr. Katharina Maria Bald CJ berichtet von ihrem Besuch in Kenia
Mainz. Vor kurzem war ich für gut drei Wochen in Kenia bei den Loreto Schwestern, wo ich 2011 auch mein Tertiat verbracht hatte. Ich war von Sr. Ephigenia, die in diesem Jahr ihr goldenes Ordensjubiläum gefeiert hat, eingeladen. Mit ihr, und in der Arbeit an ihrem Projekt gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen, habe ich auch die meiste Zeit verbracht.
Seit vielen Jahren arbeitet sie nun schon erfolgreich an diesem Projekt, doch die Praxis ist seit vielen Jahrtausenden so stark im Volk verwurzelt, dass es wohl noch viele Jahre brauchen wird bis sie endet. Meine erste Woche war ich mit Sr. Ephigenia unterwegs um für Erwachsene Workshops zu geben. In einer Region, in der sie bisher noch keine Workshops gegeben hatte, waren wir von einem evangelischen Pastor eingeladen in seiner Gemeinde die Menschen über die Gefahren der Genitalverstümmlung aufzuklären. Die Frau des Pastors hatte selbst jahrelang an den Folgen ihrer Beschneidung gelitten bis ihr, durch Sr. Ephigenia vermittelt, durch eine Operation geholfen werden konnte.
Es ist eine arme Gegend. Auf den Bänken einer evangelischen Kirche saßen wir den ganzen Tag. Die Teilnehmer/innen waren sehr interessiert und störten sich nicht an der Unbequemlichkeit. Sie fühlten sich sehr geehrt, dass Sr. Ephigenia in ihre Gegend gekommen ist um ein Seminar zu halten, da sie sich sonst eher vergessen fühlen und vom Fortschritt im Land ausgeschlossen. An einem Tag kamen ca. 60 Frauen mit ihren Kindern. Sie hatten oft weite Fußwege zurückgelegt. An einem anderen Tag waren Jugendliche und am dritten Tag die Ältesten der Gemeinden eingeladen. Kenia ist noch eine stark patriarchal geprägte Gesellschaft, daher ist es sehr wichtig gerade diese Gruppe für eine Veränderung zu gewinnen.
In den Seminaren setzt Sr. Ephigenia auf Aufklärung und Bewusstwerdung. Vielen Teilnehmern der Seminare war nicht bewusst was sie ihren Kindern antun, wenn sie sie dem Ritus der traditionellen Beschneidung unterziehen. Die körperlichen und auch die psychischen Folgen sind immens. Selbst eine Beschneiderin die dabei war sagte, dass sie eigentlich nicht wusste was sie den Frauen damit antut. Auch einige der Ältesten waren geschockt und sagten, dass sie das ihren Enkellinnen nicht antun möchten. Ob die Beschneidung in dieser Region wirklich aufhört ist damit noch nicht sicher, aber ein wichtiger Schritt in ein neues Denken wurde getan.
Ein christlicher Initiationsweg
Ein weiterer Höhepunkt in meinem Aufenthalt war die Teilnahme am Seminar „The christian rite of passage“ (Der christliche Weg der Initiation). Die Genitalverstümmelung der Mädchen zählt als Initiationsritus nachdem die Mädchen als erwachsene Frauen gelten. Er beinhaltet neben der Beschneidung auch ein Vermitteln der Kultur und der Aufgaben der Frau in dieser Kultur. Nach diesem Ritus zählen die Mädchen als erwachsene Frauen und werden mit Geschenken und einem Fest in ihrer neuen Rolle in die Gesellschaft aufgenommen.
Um mit der Abschaffung der Beschneidung nicht alles ersatzlos wegzunehmen hat Schwester Ephigenia den christlichen Weg der Initiation entwickelt. In einem einwöchigen Seminar werden Mädchen zwischen zwölf und 14 Jahren in vielen wichtigen Themen unterrichtet. Dies sind etwa körperlichen Veränderungen während der Pubertät, Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, körperlich und auch in ihrer Rolle in der Gesellschaft, kulturelle Veränderungen, Umgang mit HIV und Aidskranken, der Ritus und die Folgen der Genitalverstümmelung, sowie religiöse Themen die einen mündigen Christen ausmachen.
183 Mädchen haben an dem Seminar teilgenommen. Die Eltern wurden zuvor zu einem Informationsabend eingeladen und mussten bei der schriftlichen Anmeldung unterschreiben, dass sie die Beschneidung an ihrer Tochter nicht durchführen lassen.
Auch dieses Seminar endet mit einem Fest und die Mädchen wurden mit Geschenken von Ihren Angehörigen beschenkt, was zeigt, dass sie dies als alternativen Weg zur Beschneidung anerkannt haben.
Für mich sind diese Seminare immer etwas Besonderes. Ich lerne so viel über die Kultur und den gelebten Glauben in Kenia und auch das Zusammensein mit den unglaublich interessierten Mädchen ist eine Freude.
Papst Franziskus kommt
In die Zeit meines Besuchs fiel auch die Erstprofess der Loreto Schwestern der Ostafrika Provinz. In diesem Jahr waren es acht Erstprofessinnen aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern. Ich war auch zur Feier eingeladen und wurde wie eine Mitschwester akzeptiert. Die kirchliche Feier dauerte über vier Stunden und hatte zum Teil Rituale, die sich von unserer Feier unterscheiden. So übergaben zum Beispiel zu Beginn der Feier die Eltern ihre Tochter der Provinzoberin und erklärten ihr Einverständnis mit dem Weg der Tochter und der Vater gab der Tochter seinen väterlichen Segen.
In meine Zeit in Kenia fiel auch der Papstbesuch. Es war der Erste von Papst Franziskas auf dem afrikanischen Kontinent. Das kenianische Volk fühlte sich unglaublich geehrt, dass Franziskus seine Afrikareise in Kenia begonnen hat. Tausende machten sich, auch unter schwierigen Bedingungen, auf den Weg in die Hauptstadt um den Papst zu sehen. Und alle die nicht nach Nairobi reisen konnten verfolgten seine Ansprachen in den öffentlichen Medien. Jedes seiner Worte wurde aufmerksam gehört und mit großer Begeisterung aufgenommen. Franziskus gelang es die Menschen zu erreichen. Er traf sowohl die Themen als auch den richtigen Ton. Seine zum Teil frei gehaltenen und oft persönlichen Ansprachen haben die Herzen bewegt und wurden auch danach noch in Predigten und politischen Reden aufgegriffen. Es war sehr interessant dieses Ereignis vor Ort mitzuerleben. Ich glaube dass dieser Papstbesuch dort noch lange große Bedeutung haben wird.
Auch für mich hat dieser Besuch und die gesamte Reise reiche Frucht gebracht von der ich noch lange zehren werde. Text und Foto: Sr. Katharina Maria Bald CJ