Großes Engagement für Flüchtlinge

Interview mit Provinzoberin Sr. Sabine Adam CJ

Frage: Was tut die Congregatio Jesu gegenwärtig für Flüchtlinge? Vielleicht können Sie uns einen Überblick geben, wie sich Schwestern und Niederlassungen engagieren?

Sr. Sabine Adam CJ: Mit Sr. Marica Basic CJ haben wir eine Schwester aus der Niederlassung in Langenberg, die im Kreis Mettmann (NRW) hauptamtlich als Sozialarbeiterin der Caritas für Flüchtlinge tätig ist. Außerdem vernetzt sie Ehrenamtliche, die sich in diesem Bereich engagieren und organisiert Fortbildungen.
Dann haben wir in Hannover seit zwei Jahren Flüchtlinge im selben Haus, in dem auch unsere Kommunität lebt. Das ist allerdings nicht unser Haus, sondern es gehört der Diözese Hildesheim. Das obere Stockwerk ist für geflüchtete Frauen mit Kindern reserviert. Unsere Schwestern sind dort zwar nicht formal zuständig, aber sie übernehmen am Wochenende Dienste. Zum Beispiel unternehmen sie mit den Kindern etwas, gehen mit ihnen auf den Fußballplatz oder fahren im Notfall auch einmal ins Krankenhaus, wenn jemand gestürzt ist. Das ist ein sehr gutes Miteinander dort.

Auch in Eichstätt engagieren sich Schwestern für Flüchtlinge...

Sr. Sabine Adam CJ: In Eichstätt befindet sich die große Erstaufnahmeeinrichtung im Gebäude der alten Maria-Ward-Realschule. Auf dem gleichen Gelände ist die Niederlassung mit Schwesternaltenheim. Zwei Schwestern sind für die Flüchtlinge ehrenamtlich tätig: Die Oberin, Sr. Claudia Köberlein CJ, die fast täglich bei ihnen ist, und Sr. Edith Mayer CJ, die Deutschunterricht erteilt und auch die eine oder andere Hilfestellung gibt. Das läuft alles sehr gut. Sr. Claudia bietet auch die Möglichkeit, dass Angehörige der dort tätigen Wachleute in der Niederlassung übernachten können, weil diese oft von weiter her stammen und ihre Familien sonst wegen der Dienstpläne lange nicht sehen könnten.
Nun müssen wir sehen, wie sich die Lage in Eichstätt weiterentwickelt, wenn nun auf Dauer weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen.

Deutschunterricht für Flüchtlinge in Eichstätt. Foto: EK

Gibt es noch an anderen Orten ein Engagement des Ordens für Flüchtlinge?

Sr. Sabine Adam CJ: In Passau bieten wir in unserem Josefshaus, einem ehemaligen kleinen Besinnungshaus, Wohnraum für gegenwärtig drei Flüchtlingsfrauen und ihre Kinder an. Insgesamt gibt es acht Plätze für Frauen mit Kind. Bis das allerdings umgesetzt werden konnte, hatten wir unsägliche bürokratische Hürden zu überwinden. Eigentlich sollte die Unterbringung von Flüchtlingen bereits im letzten Herbst angelaufen sein, aber es gab immer neue Auflagen – vom Brandschutz über Fluchttreppen außen am Gebäude und so weiter – die zur Verzögerung geführt haben. Da haben wir wirklich viel Geld investiert.

Helfen ist nicht immer einfach

Sr. Sabine Adam CJ: In Mainz leben zwei Frauen aus Eritrea direkt in der Niederlassung. Während die eine Verwandte in Deutschland hat und auch sonst schon ganz gut angekommen ist, braucht die andere intensive Begleitung. Hier stellen wir fest, dass es nicht einfach ist, in einem Haus, wo überwiegend alte Schwestern leben, ohne räumliche Trennung mit jüngeren Frauen zu leben, die durch die Flucht zum Teil erheblich traumatisiert sind. Sie brauchen nicht nur menschliche Betreuung, sondern auch fachliche Unterstützung, die erst organisiert werden muss.

Bietet die Congregatio Jesu auch Plätze für „Kirchenasyl“ an?

Sr. Sabine Adam CJ: In Passau haben wir auch seit über einem Jahr eine Frau im so genannten Kirchenasyl. Pro Asyl hatte uns darum gebeten, einen Platz zur Verfügung zu stellen. Allerdings zeigt sich jetzt, dass diese Frau eigentlich kein Fall für das Kirchenasyl ist. Außerdem kümmert sich vom ursprünglichen Unterstützerkreis mittlerweile niemand mehr um sie. Das ist eine schwierige Situation. Helfen alleine ist manchmal etwas naiv, denn es braucht auch die weitergehende Betreuung. Und es ist auch nötig, dass etwas wieder zu einem Ende kommt, dass innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Lösung gefunden wird.

Kirchenasyl ist eigentlich für die Menschen gedacht, die unmittelbar und akut von Abschiebung bedroht sind, wo es aber gewichtige Gründe dafür gibt, das zu verhindern. Zum Beispiel dass bereits Angehörige im Land sind, die aber in anderen Landkreisen gelandet sind. Oder dass die Betreffenden in ein Ersteinreiseland zurückgeschoben würden, wo es keine Chance gibt, dass sie ihre Familien nachholen können. Kirchenasyl hat in der Regel einen Unterstützerkreis, in dem sich auch Fachlaute wie zum Beispiel Juristen engagieren. Kirchenasyl sollte immer eine vorübergehende Maßnahme von längstens einigen Monaten Dauer sein.

In Augsburg dient gerade das Wohnhaus im Garten für ein interessantes Tauschprojekt…

Sr. Sabine Adam CJ: In Augsburg waren die Schwestern dazu bereit, das Wohnhaus im Garten für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der räumlichen Nähe zur Schule haben wir dann aber zusammen mit dem Kolpingverband, der auf der anderen Seite der Frauentorstraße sein Haus hat, anders entschieden: Wir machen das Gartenhaus für Blockschülerinnen frei, die sonst bei Kolping untergebracht wären. Diese Räume bei Kolping werden dafür für eine weitere Gruppe von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen freigemacht. Momentan bauen wir gerade das Gartenhaus um, damit wir die behördlichen Auflagen bezüglich Brandschutz und Sanitäranlagen erfüllen.
Auch in Neuburg an der Donau gibt es viele Flüchtlinge. Sr. Veronika Fuhrmann CJ engagiert sich stark ehrenamtlich für sie und gibt Deutschunterricht. Sie ist fest in ein Helferteam eingebunden. Auch andere Schwestern helfen gerne mit und organisieren zum Beispiel die Sammlung von Kleidern und anderen Spenden.

Position gegen Pegida bezogen

Sr. Sabine Adam CJ: Direkt gegenüber unserer Niederlassung in Schleusingen (Thüringen) wohnen Flüchtlinge. Unsere Schwestern haben sich dort schon öfter mit anderen vor das Haus gestellt, um bei Gegendemonstrationen von Pegida Farbe für eine Willkommenskultur zu bekennen. Unsere Schwestern und andere aus der Pfarrgemeinde haben da klar Position bezogen. Mittlerweile hat sich die Situation offenbar etwas entschärft.

Im Provinzialat haben wir auch überlegt, ob wir jemanden bei uns aufnehmen. Aber wir sind hier nur zu dritt und insgesamt so viel unterwegs, dass es vorkommt, dass tagelang niemand da ist. Es ist ja nicht damit getan, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben, sondern sie brauchen auch jemanden, der sich um sie kümmert. Flüchtlinge haben oft mit Depressionen und mit Ängsten zu kämpfen. Dann muss jemand für sie da sein, und das können wir hier nicht gewährleisten. Deshalb haben wir von der Idee Abstand genommen, auch im Provinzialat Flüchtlinge aufzunehmen.
Interview: Gabriele Riffert