Glauben im Alltag - ein Beispiel aus München
In der Katholischen Sonntagszeitung hat Sr. Britta Müller-Schauenburg in den vergangenen Jahren immer wieder Beiträge zur Reihe "Glaube im Alltag" geschrieben. Zum Abschluss ihres Engagements als Autorin in dieser Reihe beschreibt sie, wie ihr Alltag aussieht. Wir danken der Sonntagszeitung, dass wir den Text hier übernehmen dürfen:
Vielleicht besuchen Sie mich einmal in meinem Glauben im Alltag. Zum Beispiel im Emmaus-Geschichtswohnprojekt der Congregatio Jesu in München-Nymphenburg. Dort befassen sich junge Studierende und Wissenschaftlerinnen mit dem Erzählen eigener und fremder Geschichte. Das Nachdenken darüber ist, nicht nur für Historikerinnen und Historiker, wichtiger als man oft denkt. Wohin wir als Menschheit gelangen können, wenn diese Nachdenklichkeit, diese Selbstreflexion im Erzählen der eigenen Geschichte ausbleibt, sehen wir derzeit wieder in einem Krieg, der Leben von Menschen zerstört. Und auch im ganz Kleinen gibt es das.
Mary Ward, die Gründerin der Congregatio Jesu, in der ich lebe und zu der ich gehöre, hat für Frauen in der Kirche einen neuen Platz gesehen. Faszinierend ist zugleich ihre unverbrüchliche Treue zur Universalkirche. Mit ihr begann eine große Geschichte. In fast unzähligen und vielartigen Schulen, Ausbildungsstätten und sozialpädagogischen Institutionen ermöglichten Schwestern Maria Wards vor allem Mädchen weltweit eine gute und ganzheitliche Bildung, deren Tradition heute von "weltlichen" Lehrkräften, immer der Zeit entsprechend, weitergeführt wird.
Aber der Nachwuchsrückgang der Orden trifft uns hart. Er wirft Fragen für die weitere Gemeinschaftsgeschichte auf. Und auch in der Vergangenheit gab es schon immer wieder Sorgen und Schatten, Wut und Traurigkeit.
Die Geschichte unserer Gemeinschaft ist ein Lern-Ort und ein Weg der Kirchengeschichte, der Tiefenbohrungen durchaus verträgt und lohnt, ihrer sogar bedarf. Wer folgt dieser Spur? Wer verfolgt aufmerksam, wer versteht - kurz gesagt: so, dass die ganze Welt dadurch besser wird, das heißt, auf Gott zuläuft? Möge allen, die sich in Schulen, Wissenschaft oder Sozialarbeit auf die Suche nach dieser Spur begeben, ein Licht vom Himmel dazu leuchten!
Denn jede Person, die Geschichte und Lebensgeschichten aufmerksam studiert und verstehen und leben hilft, kann Menschenleben retten - diesen Glauben trage ich tief in mir. Er bewegt mich in all meiner Arbeit. Vielleicht teilen Sie diesen Glauben und gehen auf diesem Weg mit.
Ich glaube an den dreifaltigen Gott, und der sagt mir wieder und wieder, ich soll von dem Menschen, der mit mir auf diesem Weg ist - Ihnen - lernen, eben wie die Emmaus-Jünger: Ein Fremder ging mit ihnen ein Stück des Weges und half ihnen, ihre Geschichte und ihre Tradition zu verstehen. Gerade in einem Moment, wo Leid und Ohnmacht übermächtig schienen. So hilft er auch uns.