Feiertag im Südsudan: Bericht von Sr. Helena
Heute ist der Tag der Arbeit und es ist auch hier im Südsudan ein allgemeiner Feiertag. Ein Tag zum Innehalten, zum Danksagen, zum Kraftsammeln und somit eine gute Gelegenheit, um mal wieder ein paar Zeilen über meinen Einsatz hier zu schreiben.
Es ist 10 Uhr am Morgen und draußen sind es schon 36°C. Nach dem Mittagessen wird das Thermometer bis auf 40 - 42°C geklettert sein – wie immer die letzten Wochen. Es ist die heißestes Zeit des Jahres und dieses Jahr hatten wir erstmalig, vom Ministerium verordnet, zwei Wochen hitzefrei in den Schulen, da es einige hitzebedingte Todesfälle gab. Und ja, unsere Grundschulkinder laufen zum Teil mehr als eine Stunde in der prallen Mittagssonne nach Hause. Nur daheim bleiben sieht hier anders aus, als in Deutschland. Wir sind hier gerade mitten in der Hungersaison. Die magere Ernte vom letzten Jahr ist in den meisten Familien schon aufgegessen und auf Grund einer rasenden Inflation sind die Preise von Nahrungsmitteln für viele unerschwinglich. Das heißt für die Kids daheim, es gibt manchmal kaum etwas zu essen, anders als in der Schule, wo sie jeden Tag eine warme Mahlzeit bekommen. Auch der ministerielle Ratschlag, zu Hause zu bleiben und viel zu trinken, funktioniert hier für die meisten nicht. Viele Familien müssen weit laufen, um Wasser von einem der Brunnen oder Flüsse zu holen. Meistens ist das die Aufgabe der Mädchen. So waren wir am Ende doch sehr froh, als alle Schülerinnen und Schüler nach Ostern, etwas dünn, aber ansonsten wohlbehalten, wieder zurück in die Schule kommen konnten.
Vor einigen Wochen haben wir hier den 16. Jahrestag der Eröffnung der Secondary School gefeiert. 469 junge Frauen haben seither erfolgreich ihr Abitur abgelegt und viele von ihnen konnten mit Hilfe eines Loreto-Stipendiums zum Studieren nach Nairobi geschickt werden. Anfang des Jahres hatte ich die Gelegenheit einige der Studentinnen in Nairobi zu treffen und es ist beeindruckend zu sehen, wie diese jungen Frauen aufblühen – wie sie selbstbewusst und gut ausgebildet anfangen ihr Leben in die Hand zu nehmen und sich dafür einsetzen, dass die Mädchen in ihren Familien ebenfalls eine Schulbildung bekommen.
Denn es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass Kinder hier in die Schule gehen. Viele Familien können sich die Schulgebühren nicht leisten, brauchen die Kinder daheim für die Hausarbeit, zum Geschwister oder Tiere hüten und es gibt hier immer noch viele Familien, die ihre Kinder lieber in die "cattle-camps" schicken. Dort lernen sie, neben der Sorge für die Kühe, die traditionellen Gebräuche und Riten und werden hineingenommen in die Kultur dieses in vielen Teilen noch sehr vom Hirtenleben geprägten Volkes. Diese Tradition bedeutet für die Mädchen hier, dass sie sehr früh verheiratet werden, was die Chance auf weitere Ausbildung und einen besser bezahlten Job später erheblich reduziert. Wir haben einige Geschichten gesammelt von ehemaligen Schülerinnen, die berichten, wie sie für sich und ihre jüngeren Geschwister den Weg für eine Schulbildung frei gekämpft haben. Beeindruckende und motivierende Geschichten, die wir in den nächsten Monaten nach und nach auf unserer Homepage veröffentlichen werden.
Im Südsudan eine bezahlte Arbeit zu finden ist immer noch schwierig. Es gibt einige gut bezahlte Jobs in den verschiedenen NGO's, die überall im Land zu finden sind und die versuchen, die gröbste Not zu lindern. Aber wir haben nun doch schon sechs Jahre lang einen einigermaßen funktionierenden Frieden in den meisten Landesteilen. Zum Glück für uns und die Menschen hier, aber mit der Konsequenz, dass sich die NGO's langsam aus dem Land zurückziehen. Brennt es doch anderswo in der Welt gerade stärker. Damit fallen viele Jobs weg und staatliche Stellen sind rar und meistens schlecht und unregelmäßig bezahlt. So wurden vor einigen Wochen verkündet, dass die Polizisten endlich ihre Gehälter vom Oktober letzten Jahres erhalten haben. Für Lehrkräfte in staatlichen Schulen ist die Situation ähnlich. Entsprechend "beliebt" ist dieser Beruf.
Viele Lehrer hier sind kaum ausgebildet. Nachdem sie die achte oder manche die zwölfte Klasse abgeschlossen haben, fangen sie an, in den Grundschulen zu lehren. Deshalb bieten wir in unserem neuen Bildungszentrum Fortbildungskurse in Englisch, Computer und Didaktik für Lehrkräfte an.
Die Kurse sind begehrt, auch wenn das oft lange Wege für diese jungen Menschen bedeutet. Und dann ist es berührend zu erleben, dass einige der Lehrer sogar bei Starkregen zum Unterricht kommen. Normalerweise stoppt das Leben hier bei Regen und das Unterwegssein auf den unbefestigten Straßen ist nicht ungefährlich. Aber diese Momente sind die motivierenden für uns hier. Zeigt es doch den Hunger nach Bildung und nach einer besseren Zukunft.
In diesem Sinne können wir heute innehalten und Dank sagen für alles, was schon gewachsen ist und morgen gestärkt zurück an die Arbeit gehen. Und ich möchte die Gelegenheit nutzen und fragen, ob Sie uns in unserer Arbeit unterstützen können? Um einem Grundschulkind eine Schulbildung zu ermöglichen brauchen wir 30,- € monatlich. Aktuell besuchen 1.213 Kinder unsere Grundschule. Auch kleinere regelmäßige Beträge helfen uns hier, einen Unterschied für diese Kinder zu machen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die das mit ihrer Spende möglich machen! Die Bankverbindung und weitere Informationen finden Sie hier und wenn Sie uns, neben Ihrer Adresse für die Spendenbescheinigung, auch Ihre E-Mail-Adresse mitteilen, bekommen Sie an jedem Semesterende einen kurzen Bericht, in dem die Kinder vom Schulalltag erzählen.
Spendenkonto für alle, die helfen möchten:
Congregatio Jesu Mitteleuropäische Provinz
IBAN DE32 7509 0300 1202 1020 21
BIC GENODEF1M05
Stichwort: Loreto Rumbek
Text und Fotos: Sr. Helena Erler CJ