Ernte-Dank und Neuaufbruch
Am Sonntag feierten die Christen in Deutschland Erntedank - und Früchte waren es auch, die mich die letzten Wochen quer durch Europa gebracht haben – die Früchte von 16 Jahren Bildungsarbeit in Loreto Rumbek.
Vor einiger Zeit besuchten uns fünf unserer ehemaligen Schülerinnen. Inzwischen alle verheiratet und Mütter, leben und arbeiten sie in Aweil, einer Stadt im Norden des Südsudans. Sie arbeiten in verschiedenen NGOs als Geschäftsführerin, Bildungsbeauftragte, Finanzverwalterin und Ernährungsberaterinnen. Während ihrer Arbeit realisierten sie: Frauen haben hier im Südsudan ein besonders großes Problem. Es gibt keine gute Bildung für Mädchen. Die meisten von ihnen werden direkt nach Beendigung der Grundschule verheiratet. Erweiterte Bildungsangebote gibt es kaum und auch keine Internatsschulen, in denen die Mädchen vor den Heiratsplänen der Familie geschützt werden können. Keine Bildung bedeutet keine Beteiligung haben. Frauen sind nicht involviert in politische und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse. Sie sind häuslicher Gewalt ausgesetzt und mit dem Großziehen der Kinder oft allein gelassen. Männer verfügen allein über Eigentum, selbst wenn die Frau es erwirtschaftet hat.
Die fünf jungen Frauen erinnerten sich daran, was sie in Loreto gelernt hatten: Frauen werden in Zukunft Großartiges tun. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Frauen brauchen Bildung, um ihre Rechte zu kennen und gegen Ungerechtigkeit aufstehen zu können. Und schnell war ihnen klar – Aweil braucht ebenfalls eine Loreto Schule! Mit diesem Anliegen kamen sie nach Rumbek, um uns zu fragen, ob wir einen zweiten Standort eröffnen würden. Ihre Problemanalyse war fundiert und überzeugend, ihr Enthusiasmus und ihre Motivation ansteckend. Vollblut-Mary-Ward-Frauen eben. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, ist es doch ein großer Kraftakt, einen weiteren Schulcompound aufzubauen und zu unterhalten. Aber alle Entscheidungsebenen waren genauso überzeugt von der Notwendigkeit und konnten sich dem Geist nicht widersetzen, der in diesem Anruf spürbar war.
Anfang August haben wir dann, auf die Initiative der jungen Frauen hin, ein schönes, großes Stück Land kostenlos vom Ministerium für Land zur Verfügung gestellt bekommen. Im September starteten wir eine groß angelegte Fundraising-Kampagne, beginnend mit den Loreto-Schulen in Irland. Nyanarop aus Aweil und Adak, Rechtsanwältin und Gründerin unserer Alumnigruppe, sowie unser Compoundmanager Mr Yuga begleiteten Sr. Orla und mich. Die beiden jungen Frauen erzählten in 11 Schulen von ihrem Bildungsweg in Loreto Rumbek und den Schwierigkeiten, denen Mädchen im Südsudan ausgesetzt sind, wenn sie eine Schulbildung erhalten oder gar ein Studium absolvieren wollen. Die irischen Schülerinnen hörten so von stundenlangen Schulwegen, häuslichen Verpflichtungen wie dem Waschen, Kochen, Putzen und Wasser holen, die alle noch vor Schule und Hausaufgaben erledigt werden müssen und von versuchten erzwungenen Ehen während der Grundschul- und Gymnasialzeit.
Nyanarop with students in Loreto School Fermoy
Eindeutig fiel auch die Entscheidung der Schülerinnen aus: Wir wollen den Mädchen im Südsudan helfen! Sie nahmen unsere Einladung an, für 10 Euro einen symbolischen Stein zu kaufen oder als Klassenverband eine Schulgeld-Patenschaft zu übernehmen. Das Interesse und die Solidarität waren beeindruckend und begegneten mir später auch an drei deutschen Maria-Ward-Schulen in verschiedenen Trägerschaften.
Wenn auch Sie unsere Arbeit unterstützen möchten, hier finden Sie mehr Informationen auf englisch und hier die Bankverbindung. Herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung.