Elisabeth - von Gott bewegt
Kaum ein Frauenname hat so viele Abkürzungen. Betty, Liesl, Liz, Lisbeth, die Beth, Else, Ilse, Lieken, Liane, Isabella, Sabeth oder gar ‚E‘ – so wie meine Kusine gerufen wurde. Aber von welcher Elisabeth soll hier die Rede sein? Gehen wir in die Bibel, zur Mutter des Vorläufers Johannes. Er ist eine wichtige ‚Adventsgestalt‘ – aber seine Mutter?
Die Bibel erzählt uns eine fast dramatische Familiengeschichte: Elisabeth gilt als unfruchtbar. Und das bedeutete im Verständnis der Menschen jener Zeit, dass sich Gott von dem Ehepaar abgewandt hat. Sie werden als gläubig und in der Lebensführung als untadelig beschrieben. Die Enttäuschung und Trauer über die Kinderlosigkeit hat sie, so scheint es uns, reifen lassen; ihr Vertrauen in Gott scheint stark und fest.
Als nun Zacharias eines Tages verstummt aus seinem Tempeldienst nach Hause zurückkehrt, denn er gehört der Priesterklasse des Abija an, ist eine unfassbare Gebetserhörung geschehen: Es wird ihnen ein Sohn verheißen. Der Engel, der ihm im Tempelinneren erscheint und die entscheidende Botschaft ausrichtet, outet sich in der Begegnung als Gabriel, der auch zu Maria als Bote gekommen ist.
Elisabeth wird vor die verrückte Tatsache gestellt, im ‚hohen Alter‘ – was immer dies zu Zeiten der Bibel bedeutete – einen Sohn zu empfangen und der Name wird dem Ehepaar von Gott gleich mitgeliefert: Johannes. Die Namensgebung zeigt bereits, wie sehr Gott dieses Ehepaar eingespannt hat: Der Name Johannes ist in der Familie überhaupt nicht üblich. Er ist eine Herausforderung gegenüber der Verwandtschaft, die wenig Verständnis zeigt und auch Widerspruch einlegt, bis Zacharias sich endlich erklären kann.
Und dann hat der kommende Sohn auch noch eine besondere Aufgabe, einen wichtigen Platz im Plan Gottes: Johannes hat den Auftrag, dem Volk Israel vom Licht zu sprechen, „von dem, der da kommen soll“. Was macht ein Ehepaar, eine werdende Mutter mit einer solch umwerfenden Botschaft – schwanken die Gefühle zwischen Freude über eine Schwangerschaft bis Ehr-Furcht vor der Größe Gottes!? Die Bibel lässt uns wissen, dass sich Elisabeth fünf Monate zurückzieht. Welche Gefühle prägen ihren Alltag? Welche inneren Haltungen blühen auf? Wie sich ihre äußere Gestalt während der Schwangerschaft verändert, können wir erahnen. Aber wie verändert sie sich aufgrund dieser Gotterserfahrun? Ihr Glaube an den Messias, die alten Verheißungen, alles kommt ihr so nahe, ja geschieht durch sie!
Und dann der Besuch ihrer jungen Verwandten Maria – auch sie mit einer so berührenden Schwangerschaft. Die beiden Frauen begegnen sich, wollen ihre Erfahrungen austauschen, sich gegenseitig verstehen, stützen, Bangigkeit und Freude teilen. Zwei Frauen – die eine medizinisch gesehen zu alt für eine Schwangerschaft, die andere gesellschaftlich gesehen zu jung und ohne legitimen Mann. Was macht Gott denn da? Er stellt unsere Wertvorstellungen auf den Kopf, lässt etwas Ungeheuerliches geschehen. Aber er lässt die Frauen (auch die Männer Zacharias und Josef) nicht im Unklaren über seinen Plan mit ihren Söhnen.
Und wir, die wir wieder die Geburt des ‚Heils der Welt‘ feiern möchten, wie schauen wir auf diese zwei starken Frauen. Es ist auch die Nahtstelle zwischen Altem (Ersten) und Neuem (Zweiten) Testament. Gott bedient sich dieser Frauen, die Kindern das Leben schenken, um der Menschheit zu zeigen, dass ER der Welt das Leben schenken möchte, ER ist der Gott des Lebens – und das gilt bis in die heutige Zeit.
In Anbetracht dieser starken biblischen Erzählung frage ich mich in den Wochen des Advent: Wie viel Leben habe ich in mir und um mich herum vernachlässigt? Lasse ich mich von Gott be-weg-en? Habe ich eine Freundin, Partnerin, eine Person, die meinen Glauben bestärkt, vertieft, neu entfacht? So kann ich an der Pforte zum neuen Jahr vielleicht gleichzeitig Elisabeth und Maria sein – Elisabeth kann für 2017 stehen und Maria für 2018. Und beide sagen sie mir: Gott will seine Barmherzigkeit erweisen (LK 1, 38) – was gibt es Größeres?!
Text: Sr. Marianne Milde CJ
Fotos: Sr. Marianne Milde CJ (Begegnung)