Ein Mann des Wortes, den Menschen nah
Am 22. Januar wurden der Jesuit Rutilio Grande und seine Begleiter, die am 12. März 1977 ermordet wurden, in El Salvador seliggesprochen. Rutilio Grande war ein Vertreter der Theologie der Befreiung und ein Freund von Bischof Óscar Romero. Er wurde 1977 zusammen mit Manuel Solorzano und Nelson Rutilio Lemus ermordet.
In einem Interview mit Radio Vatican sprach Sr. Martha Zechmeister CJ über den großen Seligen aus El Salvador: "Rutilio Grande war der erste salvatorianische Jesuit, hat noch die ganze vorkonziliaren Ausbildung durchgemacht in Spanien, war dann aber in Belgien und hat das Beste des Zweiten Vatikanums aus Europa mitgebracht", erläutert sie darin. "Man kann gar nicht hoch genug die Pionierrolle Rutilio Grandes schätzen. Durch ihn ist überhaupt erst das Zweite Vatikanische Konzil und die Bischofsversammlung in Medellín, also die Option für die Armen in El Salvador angekommen."
Die Bedeutung, die ihm und seinem Wirken zukommt, lasse sich so zusammenfassen: "Es ist der Anfang dessen, was man dann später Inserciòn nennt, also eine Pastoral, die wirklich das Leben der Menschen teilt.“
Weil Rutilio Grande nicht nur den Glauben und das Leben der Besitzlosen teilte, sondern auch ihren Wunsch nach Gerechtigkeit, passten Mörder ihn bei einer Autofahrt ab und erschossen aus dem Hinterhalt den Pater, den ihn begleitenden Mesner sowie einen 16-jährigen Jugendlichen, den die beiden als Anhalter mitgenommen hatten.
Der Mord hatte auch Auswirkungen auf eine andere bekannte Figur der Kirchengeschichte. Als Bischof Óscar Romero von der Ermordung seines Freundes erfuhr, brach er zum Ort des Todes auf und hielt gemeinsam mit den Bauern, die dort um Rutilio Grande trauerten, die Totenwache. Kurze Zeit später sagte Romero aus Protest sämtliche Messen im Erzbistum San Salvador ab und bot stattdessen eine Messe in der Kathedrale von San Salvador an, die von rund 100.000 Menschen besucht wurde. In seiner Predigt rief er zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf. Die Ermordung Rutilio Grandes wurde für Oscar Romero schließlich ein entscheidender Anstoß dafür, sich konsequent auf die Seite der Armen und Unterdrückten zu stellen.
Im Januar 2022 wurden Rutilio Grande und seine Gefährten durch Weihbischof Kardinal Gregorio Rosa Chávez im Auftrag von Papst Franziskus in San Salvador seliggesprochen.
Auch heute noch erlebt Sr. Martha, die in El Salvador lebt und arbeitet, dass der Wunsch nach Gerechtigkeit und der Option für die Armen längst nicht verwirklicht ist: "„Es schmerzt zutiefst, wenn man Rutilio Grande und seinen Einsatz sieht, der aus Empathie mit den Vulnerablen gehandelt hat, wie jetzt genau dieselben Verletzlichen und ökonomisch Ausgegrenzten missbraucht und manipuliert werden."
Hier können Sie das ganze Interview mit Sr. Martha Zechmeister nachlesen und anhören: https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2022-01/rutilio-grande-el-salvador-option-armen-martha-zechmeister.html