Ein guter Vorsatz: keine guten Vorsätze!

 

Schon ist wieder der zweite Tag des neuen Jahres – höchste Zeit, sich an die guten Vorsätze für das neue Jahr zu erinnern: Im neuen Jahr wird alles anders, ab dem ersten Januar werde ich ein besserer Mensch, ich esse weniger Schokolade, ich nehme mir mehr Zeit für andere, usw.…

In der Vergangenheit habe ich es immer wieder mit den guten Vorsätzen zum neuen Jahr versucht.  Am Neujahrstag freilich musste ich dann erst mal ausschlafen und habe die guten Vorsätze vertagt – und ab dem zweiten Januar ist dann der Alltag zurückgekommen und die guten Vorsätze sind in den Hintergrund gerückt.

„Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“, dieses Sprichwort von Dante trifft meine Erfahrung ziemlich gut.

Und trotzdem haben mich die guten Vorsätze irgendwie immer durch das Jahr begleitet – hin und wieder nämlich, wenn sie sich im schlechten Gewissen gemeldet haben: Da war doch was… Ich wollte doch eigentlich…

Und so hatte ich das Gefühl: Die guten Vorsätze haben mich am Ende nicht zu einem besseren Menschen gemacht, sondern zu einem entmutigten: Ich hab´s wieder nicht geschafft, bin wieder gescheitert mit meinen guten Vorsätzen… Ich bin dieselbe geblieben, mit all dem, was ich eigentlich gerne anders hätte… Und so mag mich nicht gerne im Spiegel anschauen…

Aber: Das kann´s ja wohl nicht sein! Darum kann es nicht gehen – immer wieder frustriert zu werden, weil ich meine eigenen Vorsätze nicht einhalten kann.

Deshalb verzichte ich seit einigen Jahren auf solche Neujahrsvorsätze. Nicht, weil es schlecht wäre, ein besserer Mensch zu werden. Sondern weil meine Erfahrung ist: ein solcher Vorsatz hilft mir dabei nicht weiter.

Nur ein Vorsatz, der ist geblieben, durch die ganzen Jahre hindurch: Barmherzig zu sein mit mir selbst. Immer dann, wenn ich mal wieder darauf stoße, dass ich eben leider dieselbe geblieben bin. Immer dann, wenn ich mich über mich selbst schäme und mich nicht im Spiegel anschauen mag.

Barmherzigkeit mit mir selber, das ist schwer genug. Zu akzeptieren, dass ich eben – leider – so bin. Und auch nicht so einfach eine andere werden kann, sondern mit mir selbst leben muss.

Aber eben auch: dass ich mit mir selbst leben darf. So, wie ich bin – nicht erst, wenn ich anders bin.

Ein wenig hilft mir dabei zu wissen: Für Gott ist das eh klar – er nimmt mich so, wie ich bin, und ist viel barmherziger mit mir, als ich es selbst bin.

Und wenn Gott mit mir barmherzig ist, dann darf ich es auch sein. Und wenn es mir mal wieder nicht gelingt – dann versuche ich, auch damit noch barmherzig zu sein…

 

 Text: Sr. Magdalena Winghofer CJ, Bild: Nubelson Fernandes