Ein etwas anderes Weihnachtsfest: Evakuierung in Augsburg
Augsburger Schwestern finden Asyl in Neuburger Niederlassung
Augsburg/Neuburg. Am ersten Weihnachtsfeiertag wurde in Augsburg eine 1,8 Tonnen schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft. Dafür würde die ganze Innenstadt von Augsburg evakuiert, insgesamt 54.000 Menschen waren davon betroffen. Auch die Schwestern der Congregatio Jesu, die in der Augsburger Niederlassung leben.
Sr. Alma, die im Antoniushaus lebt, wurde mitsamt dem ganzen Pflegeheim schon am Heiligen Abend evakuiert und kehrte am 26. Dezember ins Heim zurück. Einige Schwestern kamen bei Verwandten oder Freunden unter.
Der größte Teil der Kommunität, insgesamt 15 der 28 Schwestern, darunter die ältesten Schwestern der Kommunität, „flüchtete“ nach Neuburg in die nächstgelegene CJ-Niederlassung. Alle waren mit Zahnbürste und Nachthemd sowie den wichtigsten Medikamenten für eine Nacht ausgestattet.
Gottesdienst und gute Gespräche
Bei unserer Ankunft herrschte große Wiedersehensfreude: Jede Schwester kannte Schwestern des jeweils anderen Hauses, es gab ein großes Hallo und Willkommen, unterstützt von einem schönen, ironisch gemeinten Willkommensplakat (siehe oben). Der ungewöhnlich lange Besuch von 8 Uhr bis 19:30 Uhr wurde nach einem eigens für uns auf 9 Uhr verlegten gemeinsamen Gottesdienst für viele Gespräche genutzt.
Die Küche verzichtete auf ihren freien Tag und zauberte mit allen drei Köchinnen mal eben für die doppelte Menge an Schwestern ein herrliches Weihnachtsmenü. Zum Mittagsschlaf nach der kurzen Nacht rückten alle zusammen, und die drei jüngeren Schwestern schliefen in der Unterkirche wohl behütet beim Allerheiligsten, wo später gleichzeitig andere Schwestern beteten.
Überhaupt wurde viel gebetet an diesem Tag, und wir erlebten wieder einmal eine tolle Gemeinschaft, wo alle Schwestern zusammenrückten und einander beistanden. Unser herzlicher Dank gilt der Neuburger Oberin Sr. Monika Glockann CJ für die die Aufnahme von uns Flüchtlingen selbstverständlich war und allen Neuburger Schwestern, die unermüdlich für unser leibliches und seelisches Wohl sorgten.
Kriegserinnerungen kamen hoch
Berührt haben mich an diesem Tag vor allem die Schwestern, bei denen Kriegserinnerungen an die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg hochkamen. Auch fühlten wir uns den gegenwärtigen Kriegsflüchtlingen an diesem Tag besonders nah.
Sr. Mechtild, die Oberin Augsburgs, gab uns morgens vor dem Aufbruch den Auftrag zu schauen, wo uns an diesem besonderen Tag Jesus begegnen würde: Er begegnete mir in allen alten Mitschwestern, die diesen Tag äußerlich tapfer überstanden, die jedoch von Kriegserinnerungen geplagt über jede emotionale Unterstützung und Ablenkung dankbar waren. Als wir uns schließlich um halb acht auf den Rückweg machen konnten, dankten wir
Gott, dass in Augsburg alles gut gegangen ist und wir verstärkten unser Gebet für alle, die derzeit in Kriegen und auf der Flucht um ihr Leben bangen.