Die Geburt der drei Ohen Weihnachtsgruß von Provinzoberin Sr. M. Sabine Adam CJ
Vor vielen Jahren bekam ich zu Weihnachten das Bild geschickt „Geburt der drei Ohren“.
Wieso werden denn drei OHREN geboren? Heißt es nicht, das WORT wurde Fleisch?
Ja, das Wort wurde Fleisch. „ER kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11) Müssen zuerst, bevor das Wort Fleisch wird, die Ohren geboren werden? Muss Gott nicht erst in uns die Voraussetzung schaffen, damit wir annehmen können, was er uns schenkt?
„Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst“. (Joh 1, 5)
Wo Ohren da sind, die nicht nur Worte hören, sondern auch in der Lage sind, das DAHINTER zu erfassen, kann aus Finsternis Licht werden: „In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen“. (Joh 1,4) Die Künstlerin hat dieses Licht gemalt, das entsteht, wenn Gottes Botschaft auf bereite Ohren trifft. Dabei kommt das Licht nicht von den Ohren selbst. Es kommt von oben. Gott ist Licht und dieses Licht braucht uns Menschen, damit es leuchtet.
Sind wir uns darüber im Klaren, wenn wir einander als Mitschwestern und als Gefährtinnen zuhören, dass wir Menschen zuhören, die sich für ihr ganzes Leben, manchmal auch erst seit kürzerer Zeit, entschieden haben, dem Wort Gottes Glauben zu schenken, die so konkrete Erfahrungen mit diesem Wort gemacht haben, dass sie darauf ihr Leben bauen können? Realisieren wir das dann und wann, was da an geistlichem Schatz unter uns vorhanden ist? Freilich kommt dieser Schatz in zerbrechlichen Gefäßen daher. Die Gefahr ist, dass wir daran hängen bleiben, an all dem Unvollkommenen und Nervtötenden, an all dem, was den Geduldsfaden reißen lässt. In dieser Situation finde ich so tröstlich, dass das Wort in einem Stall zur Welt kam. Was erwarten wir dann von uns? Soll unser Wort in Palastgestalt daherkommen?
Weihnachten ist die Botschaft, dass das Kleine von Gott gesehen wird, das Unvollkommene, das Angewiesene, das Bruchstückhafte. Weihnachten ist aber auch die Botschaft, dass eben dieses Kleine das Eigentliche ist.
Aufmerksam hören, einander zuhören, auf die Not hören, hören, was hinter den Worten ist, scheint wenig zu sein und ist doch so schwer. Immer wieder neu zu versuchen, in eine Offenheit zu kommen, die dem anderen die Chance gibt, anders zu sein, als ich es erwarte, das hat mit Weihnachten zu tun, mit dem Geheimnis des Kindes, mit der Tatsache, dass Gott mit uns, mit der Welt immer wieder einen neuen Anfang macht.
So wünsche ich im Namen aller Schwestern des Provinzrates und zusammen mit Sr. Irene aus dem Ökonomat ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest, eine schöne Zeit „zwischen den Jahren“ und einen guten Start ins das neue Jahr 2018.
Sr. M. Sabine Adam CJ
Abbildung: Geburt der drei Ohren; Elke Ciba, 2005 (mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin)