Der Magdalenenpark öffnet seine Tore

Impressionen aus dem Sommer: Der Eingang zum Park vom Parkplatz aus

Als die Congregatio Jesu sich 1860 in Pasing niederließ, kaufte die Ordensgemeinschaft eine mehrere Hektar große Parkanlage, um ausreichend Anbaufläche zur Selbstversorgung der Schwestern in der dortigen Kommunität zu haben. Dieser Bedarf ist über die Jahrzehnte abhandengekommen, der Park und seine wunderschönen Garten-Anlagen aber geblieben. Allerdings konnten sich die Schwestern in den letzten Jahren immer weniger darum kümmern, daher beschloss die Ordensleitung schon vor mehreren Jahren, einen Teil des Parks zu veräußern. Allerdings unter einer sehr wichtigen Bedingung: Der Park in seiner Gänze sollte möglichst bewahrt, und nicht mit Häusern oder Bürogebäuden zugebaut werden.

Etwa zur selben Zeit, als bei der CJ der Entschluss zum Verkauf des Parks reifte, erbte der Bund Naturschutz München eine größere Summe Geld von einer Dame, die mit der Erbschaft allerdings eine nicht gerade einfache Bedingung verknüpft hatte: Mit dem Geld sollte ein öffentlich zugänglicher Park erbaut werden, der zu Ehren ihrer Tochter „Magdalenenpark“ genannt werden sollte.

Wer sich ein wenig in München auskennt, ahnt, dass diese Bedingung dem BUND vor extrem große Schwierigkeiten stellte. Wer in München ein Grundstück kaufen möchte, muss sich für gewöhnlich ganz weit hinten in einer sehr langen Schlange anstellen. Und auch dann wird eher Bauvorhaben der Vorzug gegeben, als etwas so „Überflüssigem“ wie ein Park.

Eine glückliche Fügung

Was für ein Zufall und welches Glück, dass die Verantwortlichen der CJ und der Ortsverein des BUND dann doch zueinander fanden und gemeinsam dieses ökologische Kleinod erhalten konnten. Die Schwestern konnten bei dem Verkauf ihren Ordensregeln und Überzeugungen entsprechend werteorientiert und nachhaltig handeln. Und der Bund Naturschutz hatte einen Ort mitten im Zentrum von Pasing, an dem die Vision der Spenderin Wirklichkeit werden konnte – und noch viel mehr. Ein großer Teil der Arbeit im Magdalenenpark wurde und wird von den freiwilligen Helfern des BUND erledigt. Seit Beginn der Umbau-Arbeiten arbeiten etwa 35 Freiwillige mit und mit wem auch immer man da ins Gespräch kommt -  von allen hört man das gleiche: Sobald sie auf dem Gelände sind, geht ihnen das Herz auf. Wer hier mitmacht, weiß, dass er an etwas Einzigartigen arbeitet. Sie nennen sich „Der Kloster-Club“.

Im Park, der sich über mehrere Ebenen und Hektar zieht, stehen über 400 Bäume, es gibt eine Insel, die von der Würmschleife umgeben ist, eine alte Streuobstwiese, einen ehemaligen Hausgarten, der heute ein Schulgarten ist. Und in all diesen verschiedenen Abteilungen gibt es eigene, teilweise einzigartige Wild-Biotope: Auf der Würminsel befindet sich eine große Kelleranlage aus dem 12. Jahrhundert – letzte Überreste einer der ältesten Burgen Münchens- In diesem Gewölbe sollen nach dem Willen des BUND in Zukunft Fledermäuse angesiedelt werden. Die Insel selbst ist schon seit Beginn der Umbau-Arbeiten für Menschen tabu. Die Natur wird dort sich selbst überlassen –die Mitarbeiter des BUND haben die Weisung, dass sie nur dann die Insel betreten, wenn es unbedingt nötig ist; beispielsweise ein umgefallener Baum zum Sicherheitsrisiko wird. Ein Baumstamm liegt quer über der Würm, seit er im letzten Jahr nach den starken Schneefällen und Stürmen umgefallen war.  Und da, wo der Wurzelballen sich vom Boden gelöst hat, ist von selbst ein Biotop entstanden mit einem ganz eigenen Mikroklima.  Dadurch, dass das Wasser dort wärmer ist und keine Strömung hat, haben Frösche gelaicht, es wachsen besondere Wasserpflanzen und Insekten, aber auch Molche haben sich in diesem kleinen, etwa drei Quadratmeter großen, zufällig entstandenen Biotop angesiedelt. Auf dem Baum selbst, der sich nun langsam zersetzt, sind unzählige Insekten zu finden, die wiederum Vögel anziehen. Denn das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnisse der letzten Jahre im Magdalenenpark: Wenn sich der Mensch zurückzieht, kommt die Wildnis zurück.

Wenn der Mensch geht, kehrt die Wildnis zurück

Martin Hänsel, Geschäftsführer der Geschäftsstelle West des BUND weiß: „Die Natur reagiert sofort, wenn man den Menschen aus der Gleichung herausnimmt.“ Es gibt unzählige Tiere, die hier eine Heimat gefunden haben, und die sonst kaum mehr in der freien Natur vorkommen: Der Waldkauz brütet jedes Jahr auf der Insel, es gibt eine geschützte Heuschrecke mit dem schönen Namen „Blauflüglige Ödlandschrecke“, der geschützte Nachtfalter „Rotes Ordensband“ tummelt sich im Schulgarten, auch Pfauenauge, Schwalbenschwanz und Admiral. Erdkröten, Grasfrösche, Bergmolche haben hier hervorragende Lebensbedingungen vorgefunden und vermehren sich fleißig. Unzählige Gartenvögel, wie die Schwanzmeise, der Zilpzalp, Buchfink und Zaunkönig kann man hier in der Stille hören. Auch Eichhörnchen fühlen sich hier wohl, Steinmarder gehen nachts auf die Jagd, ein Fuchs ist regelmäßig da und auch die Familie der Siebenschläfer, die im Park ausgewildert wurde, lebt weiterhin in ihrer Baumhöhle.

Besonders viel Mühe geben sich Martin Hänsel und sein Team allerdings mit noch kleineren Tieren: Den Wildbienen. Von denen gibt es unwahrscheinlich viele verschiedene Arten, die für ihre Existenz teilweise auf eine einzige Pflanze angewiesen sind.

Alte Wege werden neu entdeckt

Etwa die Hälfte der zwei Hektar großen Fläche ist nun als Park der Öffentlichkeit zugängig: Die Streuobstwiese entlang der Institutsstraße wurde Monate lang umgestaltet, um dort einen Ort der Ruhe und Erholung zu etablieren: In die hohen Hecken entlang der Straße sind nun Nischen geschnitten, in denen Parkbänke einen geschützten Platz mit Blick auf die Streuobstwiese bieten. Die Wiese selbst wird abgemagert, damit dort in Zukunft heimische Wildblumen blühen können. Diese Abmagerung erfolgt über eine lange Zeit: Der Rasenschnitt, der nur zweimal Jährlich erfolgt, wird zusammen gerecht und in Heu-Mandl gesammelt und getrocknet. Entlang der Wege wurde Kies in die Rasenfläche gemischt und Setzlinge heimischer Blumen und Kräuter eingepflanzt. Es hat sich viel geändert, aber ein paar wichtige Dinge bleiben dann doch gleich: So werden die Meerschweinchen auch in Zukunft ihr Zuhause im Pavillon haben.

Am Samstag, 16. November 2024 wird nun der Magdalenenpark auch für das Publikum geöffnet. Dieser Termin im Herbst wurde mit Bedacht gewählt: So wird der Park nicht sofort von Besuchern überrannt und Mensch, Flora und Fauna können sich langsam aneinander gewöhnen. Die Tore des Parks sind mit einer elektronischen Zeitschaltuhr versehen, so dass der Park nur bis 20 Uhr geöffnet ist. Sollte ein Besucher die Zeit vor lauter Schönheit vergessen und auch nach 20 Uhr noch im Park sein, bedeutet das allerdings nicht, dass er dort übernachten muss: Für solche Fälle gibt es einen Not-Schalter, mit dem die Eingeschlossenen den Park auch dann verlassen können.

 

 

Text und Fotos: Christina Waechter