Bedingungslos talentiert: Was Maria-Ward-Schulen ausmacht

Bildung ist natürlich zum einen Wissensvermittlung. Zum anderen aber beinhaltet das Wort so viel mehr. "Mehr" - wie das ignatianische "Magis". Maria-Ward-Schulen eint die Überzeugung unserer Ordensgründerin, dass eine so über die Wissensvermittlung hinausgehende Bildung eine wichtige Grundlagen für das Leben von jungen Menschen ist.

Auf der Grundlage des "Gleichnisses von der Verteilung der Talente" (Matthäus 25,14-30) hat unsere Schulkoordinatorin Annette Haseneder aufgeschrieben, was dieses "Mehr" für Maria-Ward-Schulen heute bedeutet und wie das Gründungscharisma Mary Wards gelebt wird.

 

Maria-Ward-Schule Landau
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Bildung kann so vieles sein, weshalb sich Maria-Ward-Schulen nicht nur daran orientieren, was die Lehrpläne hergeben, sondern darüber hinaus in besonderer Weise die Jugendlichen in ihren Schulen und pädagogischen Einrichtungen wahrnehmen und sich überlegen: Wie können wir Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen sie fördern? Wo liegen ihre Talente? Wie möchten sie damit umgehen? – Oder auch: wenn die Jugendlichen ihre Ziele für sich selbst heute noch gar nicht im Blick haben (können), wie können wir in ihnen die Sehnsucht wachhalten, 'mehr' im Leben zu suchen? Es geht ja nicht nur darum, Fakten zur Plattentektonik, Englischgrammatik, chemische oder binomische Formeln zu kennen (wobei dies alles interessante Wissensinhalte sind). Es geht vielmehr um die Stärkung der jungen Menschen in unseren Schulen und Einrichtungen, dass sie mithilfe ihrer Talente zuversichtlich ihr Leben anpacken und aktiv mitgestalten, getragen von der Zuversicht, dass Gott diesen Weg mit ihnen geht.  

Mary Ward als Lehrerin, Werk aus dem Kunstunterricht der Maria-Ward-Schule Bamberg
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Die Schulgründerin Maria Ward hat sich im frühen 17. Jahrhundert genau auf diese Talentsuche begeben und sich gefragt, wo es ein Arbeitsfeld für sie gibt, das nicht nur ihr selbst, sondern besonders auch anderen nützt. In ihren Mädchenschulen ermutigte sie junge Frauen, ihre eigenen Wünsche oder Pläne für ihr Leben ernst zu nehmen und ihren Selbstwert zu pflegen – bei aller Bescheidenheit, die damals für die weibliche Bevölkerung gesellschaftlich üblich und gefordert war. Mädchenbildung war in ihrer Zeit etwas unerhört Neues, wohingegen unsere Kultur im 21. Jahrhundert diese als Selbstverständlichkeit annimmt. Und dennoch bleibt die Frage nach dem Ur-Eigenen ganz aktuell: Auch heute noch ist unsere Gesellschaft allzuoft in fixen Rollenvorstellungen verhaftet, oder erwartet von der kommenden Generation, was ihr eigentlich nicht entspricht.

Gott ist freier. Das Gleichnis von den Talenten spricht davon, dass die Söhne – selbstverständlich sind Töchter mitgemeint – mit ihrem Startkapital umgehen können, wie sie es möchten. Er redet ihnen nicht rein, wie sie es einsetzen oder nicht einsetzen sollen. Hier setzen Maria-Ward-Schulen an: Wir gehen davon aus, dass wir Menschen von Gott gerufen sind, ein Leben in Freude zu suchen und zu finden. Gottes Liebe ist uns allen bedingungslos geschenkt, und unsere Talente bekommen wir gratis dazugeliefert: Wir dürfen losziehen und kreativ damit umgehen – wir alle sind sozusagen bedingungslos talentiert.

Schulunterricht in Simbabwe - Mary Wards Erbe war und ist durch die Zeiten hindurch lebendig.
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Die Bibelstellle legt uns nahe, dass wir diese Talente nicht nur sinnvoll einsetzen sollen, sondern beizeiten sogar richtig verschwenderisch damit sein dürfen: Nur dann kommen wir zum Mehr-Wert, der sich dadurch ergeben kann, dass wir sie eben nicht versteckt oder nur verschämt ein bisserl hergezeigt haben. Das Ziel ist die Frohe Botschaft: mehr Freude, mehr Zuversicht, eine größtmögliche Authentizität, mehr Zufriedenheit für uns selbst und andere.

Dazu gehört eine ganz persönliche spirituelle Verankerung, die die Maria-Ward-Schulen anbieten, im Sinne von Ignatius von Loyola "schmackhaft" machen, und für die wir im pädagogischen Alltag Raum geben, so dass die jungen Leute sie suchen und finden können. Wir üben ein, im Nächsten ein Stück Gott zu entdecken. Das erfordert Aufmerksamkeit, im aktuellen Diskurs oft als Achtsamkeit bezeichnet. Bildung in diesem Sinne ist also das Wachhalten der Erfahrung, dass Gott ein:e zuverlässige:r Begleiter:in ist, und dass wir im Leben aufgerufen sind, Schritt für Schritt immer mehr wir selbst zu werden, so wie wir sind, so wie wir von Gott schon immer bedingungslos geliebt werden.

Ein Abiturjahrgang wählte vor einigen Jahren den Leitspruch: "Am Ende wird alles gut. Und wenn's noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende." Unsere Schülerinnen und auch Schüler werden zukünftig in höchst unterscheidlichen Berufssparten arbeiten. Sie werden auch im Privaten an Wegegabelungen ankommen und Entscheidungen treffen, die ihren Weg bestimmen. Maria-Ward-Schulen vermitteln, dass sie eigenständig und zuversichtlich für sich und andere Menschen da-sein können und mit Sinn und Verstand, aber auch mit Wohlwollen und einer großen Portion Nächstenliebe sich selbst und ihr Umfeld weiterentwickeln sollen.

Poster, das an der Maria-Ward-Realschule Nürnberg entstand
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Dazu gehört ein im positiven Sinne kritischer Blick und viel Geduld, so wie auch Gott liebevoll auf uns blickt. Wir müssen nicht höher – schneller – besser sein, oder gutausseheneder – schlanker – reicher. Gott erwartet kein Supertalent, wie es die TV-Show bei RTL nahelegt. Nach Ignatius von Loyola und Maria Ward bringen Lehrkräfte und alle am Schulalltag Beteiligten ihr achtsames Tun so den Alltag ein, dass wir "Gott in allem" finden: im Unterricht wie beim Pausenverkauf, im Sport- ebenso wie im Deutschunterricht. So vertrauen wir darauf, dass in unseren Jugendlichen ein Gespür für Wohltat erwächst, so dass sie heute ebenso wie auch als Erwachsene Beispiele für ein freudiges, für sich gelungenes Leben sein werden, die ihre Talente einsetzen für sich und andere.

Text: Annette Haseneder, Bildungsreferentin, Schulkoordinatorin der Mitteleuropäischen Provinz

Abbildungen: Archiv / privat