In Regensburg gelang der Durchbruch
Ein Erfolg der Ordensfrauen: 100 Jahre Mädchenabitur in Bayern
München. „Die Englischen Fräulein und das Mädchenabitur. Ein Schritt in der Frauenbildung“, so lautet eine Ausstellung im Hauptstaatsarchiv in München, die am 18. Mai eröffnet wurde. Vor dem Jahr 1916 mussten sich bayerische Mädchen in privaten Gymnasialkursen auf das Abitur vorbereiten; die Prüfung war dann an einem Knabengymnasium abzulegen. Das änderte sich zuerst in der Schule der Englischen Fräulein in Regensburg. Dort schafften am 13. Juli 1916 elf Mädchen das Abitur. Neun von ihnen waren zuvor an der Schule darauf vorbereitet worden, zwei waren externe Teilnehmerinnen.
Die Ordensgemeinschaft „Englische Fräulein“, heute Congregatio Jesu, hatte von München kommend 1903 eine Niederlassung und Mädchenschule in Regensburg gegründet und vorausschauend 1910 einen ersten Gymnasialkurs eingerichtet. Der erste Abiturjahrgang bestand die Prüfung mit guten und sehr guten Ergebnissen. „Die Regensburger Absolventinnen zog es an die Universität, die meisten wurden Lehrerinnen, einige kehrten an ihre alte Schule zurück“, ist im 52-seitigen Ausstellungskatalog vermerkt.
Die Ausstellung, die von vier engagierten Mitarbeiterinnen des Hauptstaatsarchivs vorbereitet und präsentiert wurde, zeichnet aber nicht nur die Zeit um 1916 nach, sondern schlägt einen viel weiteren Bogen zurück bis ins Jahr 1616. Die Gründerin der Congregatio Jesu, Mary Ward (1585-1645), hatte beim Papst um die Bestätigung der Ordensgemeinschaft gebeten. Im Auftrag Papst Pauls V. schrieb Kardinal Lancelotti ein Belobigungsschreiben an den Bischof von Saint-Omer, wo sich die erste Niederlassung befand. Die amtliche Zweitfassung dieser Urkunde befindet sich seit der Säkularisation unter den Beständen des Hauptstaatsarchives und wird nun zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt.
Ausstellung läuft noch bis 28. Juli 2016
Weitere Schwerpunkte der Präsentation betreffen das Paradeiserhaus in München, 1627 von Kurfürst Maximilian I. den Schwestern zur Verfügung gestellt und unter Kurfürst Max Emanuel neu gebaut, sowie das Manuskript für die 1732 gedruckte Biographie Mary Wards von Pfarrer Marcus Fridl, die von 1749 bis 1928 auf dem Index der verbotenen Bücher stand.
Die Ausstellung sorgfältig ausgewählter Aktenstücke aus den Archivbeständen wird ergänzt durch sieben Figürchen der Congregatio Jesu in Augsburg, die die Entwicklung der Ordenskleidung durch die Jahrhunderte vor Augen führen, und durch ein Exemplar der rot-weiß-grünen Stoffschärpe und des Lorbeerkranzes, mit denen sich die Abiturientinnen schmücken durften, einer Leihgabe der Regensburger Schule.
Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Juli 2016 während der Öffnungszeiten des Hauptstaatsarchivs (Schönfeldstr. 5, München) zu sehen; das ist montags bis donnerstags von 8.30 bis 18 Uhr, freitags von 8.30 bis 13.30 Uhr.
Text: Sr. Ursula Dirmeier CJ, Foto: Congregatio Jesu Regensburg