Aus der Chronik des Nürnberger Kindergartens

Unsere Kommunitäten haben zu allen Zeiten detaillierte Chroniken geführt. So können wir einen Blick in die Geschichte werfen und mehr erfahren als das, was in Geschichtsbüchern vermerkt ist. Heute nehmen uns die Archivarinnen aus Bamberg mit ins Archiv der Nürnberger Kommunität und insbesondere in die Geschichte des Nürnberger Kindergartens im Jahr 1945. Die Chronik berichtet von Bombennächten, Trauer, Wiederaufbau und einem unerschütterlichen Vertrauen in Gott ...

"Bei den folgenden schwersten Angriffen am 20.2.1945 und 21.2. und dem kleineren Angriff am 22.2. gab es weitere große Schäden. Die übrigen Gebäude brannten aus. Die am 20. geretteten Möbel wurden im Garten aufgestellt, wurden aber am 21. durch eine im Hof in der Nähe des Waschhauses niedergehende Sprengbombe schwer beschädigt oder vernichtet.

Der Angriff am 16. März brachte neben neuen Verwüstungen auch zwei Todesopfer. Unsere lieben Mitschwestern M. Pia Gress und Sch. M. Kiliana Heimbach mussten unter den Ruinen des Wohnhauskellers ihr Leben lassen.

Unsere Klostergemeinde, die bereits in alle Winde zerstreut war (Mutterhaus Bamberg, Neunkirchen, Kirchehrenbach, Hirschaid, Ebing, mehrere wurden auch in die Heimat evakuiert), wurde mit der Zerstörung des Hauses somit jegliche Wirksamkeit auf Nürnbergs Boden genommen.
 

Gott ist gut,
gut ist alles, was er tut!

 

13. Juni 1945
Im neuen Heim in der Bärenschanzstraße 4

Eine Soldatenbaracke lag vor uns, wie ein Wunder, inmitten eines großen Trümmerfeldes, in das unsere Stadt verwandelt war. Seitlich die eingestürzten Mauern der Kaserne, zur Rechten das ausgebrannte Gebäude der Reitschule. Gottes Vorsehung, die immer nur das Richtige zu finden weiß, hatte dieses schlichte Steinhaus für uns ausersehen.

Bis wir die Baracke beziehen und unseren neuen Kindergarten einrichten konnten, kostete es noch manche Mühe und manches Opfer. Die Aufräumungsarbeiten im Gebäude selber, das noch vor wenigen Wochen Kriegsschauplatz war, nahmen viel Zeit in Anspruch. Soldatenhelme, Gewehre, Gasmasken, Soldatenbriefe, Chaos überall. Tagelang waren wir zu zweien nur mit dem Aufsammeln großer Papiere, dem Aufkehren der Scherben und dem Fortschaffen des Schuttes der zusammengeschlagenen Öfen beschäftigt.

Alle Räume waren vollständig ausgeplündert. Möbel hatten wir noch keine. Unser ganzer Reichtum war ein Köfferchen mit etwas Hausrat, den wir sorgfältig hüten mussten, denn es gab in unserer Baracke weder Fenster noch Türen und Diebstähle waren an der Tagesordnung. Kochgelegenheit hatten wir noch keine. Unser kaltes Mittagsmahl, das uns anfangs die gute Rädersmutter kochte, nahmen wir in den ersten Tagen auf dem Fensterbrett ein. Wasser mussten wir in größerer Entfernung holen, etwa vier Wochen lang. –

Nach wenigen Tagen entdeckten wir noch "Reichtümer" in unserer Ruine in der Tafelhofstraße, einige alte Schränke und Tische, Kücheneinrichtungen und unter der Treppe, die zum Musikzimmer im Ostbau führte im Schutt, einige Kinder-Gartentische und 17 Stühlchen von unserer massiven Kindergarteneinrichtung. Mit einem in der Austraße geliehenen Brückenwagen, den uns gute, aber vollständig fremde Leute täglich für 1 Mark überließen, waren wir tagelang unterwegs, um unsere "Schätze" zu bergen.

Doch wussten wir nicht, wo wir sie in Sicherheit hätten bringen können, denn Diebe lauerten an allen Ecken und Enden. Unser mühsam aus dem Schutt in der Tafelhofstraße geborgenes Holz, das nur mehr als Brennholz Verwendung finden konnte, wurde wiederholt zum Teil gestohlen. Nach einigen Tagen hatten wir schon einige gerettete Kindertischchen in der Bärenschanzstr. zur Verfügung. Es gab viel Arbeit im neuen "Daheim" und im alten, dazu waren viel Gänge zu den Ämtern und Handwerksleuten und Einkäufe zu erledigen. Für jedes Pfund Gips oder jeden Nagel bedurfte man eines Bezugsscheines, der erst nach vielen Gängen zu erreichen war.

Einem Handwerksmann musste man viel gute Worte geben, bis er einen Auftrag annahm, und noch viel mehr, bis er ihn ausführte. Nach vielen scheinbar vergeblichen Gängen bekamen wir endlich am 5. August 1945, die längstersehnten Fensterrahmen und Türen. Mit Gottes Hilfe  bekamen wir dann auch einen Schlossermeister, der uns Schlösser und Türbeschläge fertigte; die Firma Gemeinhard gab uns Anstrichfarbe.

Die größte Mühe machte die Beschaffung der Glasscheiben. Am 1. Oktober sollte der Kindergarten eröffnet werden. Dank der Großzügigkeit von Wohlehrw. Mater Oberin Amanda erhielt unser Kindergarten nicht nur eine Einrichtung, die provisorisch war, sondern entsprach seiner Einrichtung nach mehr als den Mindestforderungen. Schreinermeister Söhnlein, Führt Lapferstraße, fertigte einen Spielzeugschrank, der nach Maß und Ausführung dem verbrannten ebenbürtig an die Seite treten konnte, außerdem das "Puppenhaus" und einen kleinen Waschtisch für 421,98 Mark, unsere Stühlchen lieferte die Firma Krügel, Stein, ebenso die Tischchen für 626,95 Mark. Am Tage vor der Eröffnung brachte eine Mutter, die ihr Kind anmeldete, die noch fehlenden 20 Fensterscheiben. Wir hatten 30 Voranmeldungen.

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