Augsburg: Abschied vom "Gemalten Leben"
Es war der 23. des Monats Oktober, an dem wir als Gemeinschaft von Augsburg Abschied genommen haben von "unserem Gemalten Leben".
Fast 280 Jahre gehörten die Bilder zu diesem Ort. Nicht immer jedoch hingen sie an der Wand. Im Jurisdiktionsstreit 1743 - 1749 mussten die Bilder, wie die Chronik sagt, "weggeschafft werden". Vermutlich wurden sie aufgerollt und versteckt. 30 Jahre später, 1773, wurden sie auf den Gängen wieder aufgehängt. Dort konnten sie sich ca. 60 Jahre halten, bevor sie durch Bischof Peter von Richarz erneut entfernt werden mussten. 1889 wurden sie auf dem Speicher entdeckt und zwei Jahre später zum dritten Mal aufgehängt.
Wäre nicht die kunstbeflissene Archivarin M. Aloisia Löffler gewesen, die Bilder wären bei einem Bombenangriff am 25.02.1944 allesamt verbrannt. Sr. Aloisia hatte sich damals der Oberin widersetzt, die auf die Vorsehung vertraute und die Bilder hängen lassen wollte. Die ungehorsame Schwester Aloisia aber verbrachte die Bilder in ein Fuggerschloss in Schwaben, und so blieben sie der Congregatio Jesu erhalten.
1946 wurden sie zum vierten Mal aufgehängt in den Gängen des Schulhauses. Viele der Schwestern, die nun die Verabschiedung der Bilder erleben müssen, haben sie damals als Schülerinnen auf den Gängen kennengelernt.
1977 kamen sie unter der Provinzoberin der Schwäbischen Provinz, Sr. Aquina Dingler, in den eigens für sie gestalteten Maria-Ward-Saal, wo sie bis zum 2. November 2022 hingen.
Tausende von Schülerinnen und später auch Schülern kannten den Maria-Ward-Saal von gemeinsamen Feiern und Schulmessen. Immer wieder wurden die Bilder von Schulklassen zum "anschaulichen Religionsunterricht" besucht; wurden die Werte und Grundhaltungen Maria Wards altersgerecht vermittelt.
Dass sie jetzt nicht mehr da sind, schmerzt sehr. Ein kleiner Trost ist es, dass sie in München-Nymphenburg nun auf Augenhöhe in einem sogenannten Schaudepot betrachtet werden können. Tröstlich ist auch, dass die Schule den Maria-Ward-Saal in neuer Form und Gestaltung erhalten möchte.
Zum Abschied haben die Schwestern zu einzelnen Bildern gesprochen, welche ihnen besonders kostbar waren und warum.
Auch in Augsburg weiß der Verstand, dass "unsere" Bilder uns nie "gehört" haben, waren sie doch immer Eigentum des großen weltweiten Maria-Ward-Instituts und jetzt der Congregatio Jesu. Aber es geht mit den Bildern ein wesentlicher Teil der Augsburger Institutsgeschichte zu Ende. Doch eine Botschaft bleibt: So wie die Bilder im wechselvollen Lauf der Geschichte auf- und abgehängt, versteckt, gerettet, verehrt, als "Eitelkeit einer einzelnen Frau" verboten wurden, so ist die Gemeinschaft selbst durch die Geschichte gegangen, Bedrängnissen ausgesetzt, geschätzt, und jetzt in Zeiten von Kirchen- und Glaubenskrise angefochten.
Die Wege sind wechselvoll, doch Gott ist treu. Er hat seine eigenen Maßstäbe. Wir Schwestern dürfen mitgehen, hinter ihm her, in seiner Nähe bleiben, so wie Maria ward sagt: Geh nah zu ihm hin.
Text und Fotos: Sr. Sabine Adam CJ