„ … Augen, die sehen, erzählen von Gott ...“
"Augen, die sehen, erzählen von Gott. Sie sagen, dass er auf mich schaut." So haben wir mal in der Heilligen Messe in Bad Reichenhall zusammen gesungen. Im August dieses Jahres war ich Mitglied dieser Gemeinschaft. Sr. Petra, Sr. Angela, Sr. Ruth und Sr. Regina hießen mich in ihrer Gemeinschaft herzlich willkommen, damit ich mein Armutsexperiment absolvieren konnte. Für fünf Wochen arbeitete ich bei der Caritas in Salzburg im Haus Elisabeth.
Das Haus Elisabeth ist ein Tageszentrum für armutsbetroffene und obdachlose Menschen in Salzburg. Jeden Tag kommen etwa einhundert Menschen hierhin, um ein warmes Mittagsessen zu bekommen, eine warme Tasse Kaffee oder Tee zu trinken, sich zu duschen und Wäsche zu waschen.
Vor mir steht ein junger Mann. Er bittet um eine Tasse Kaffee mit Milch und Zucker, viel Zucker. Die Zuckerdosen sind hier – voll verständlich – immer leer; es regnet, das Wasser steigt, das Leben auf den Straßen ist bitter. Ich frage, wie es ihm geht. Er antwortet mir etwas über das Wetter. Wir tauschen noch ein paar Sätze, aber dann hören die Worte auf. Der Kaffee fließt unter seinen Händen auf der Küchentheke. Tränen rinnen ihm über das Gesicht herunter.
Ich weiß etwas über seine Geschichte, er hatte mir bereits ein paar Tage zuvor etwas mehr über sich erzählt. Jetzt ist die Geschichte aber nicht so wichtig. Jetzt sehe ich ihn an, wie er weinend vor mir steht.
"Haben Sie bitte den Lappen?", fragt er dann, viel später. Ich wische den Kaffee auf, er wischt sich die Tränen weg.
Caritas Salzburg macht eine unglaublich gute Arbeit. So ein Ort der Aufnahme, an dem jeder ohne Vorurteile, ohne Fragen und ohne Beschwerden warmen Kaffee, Mittagessen und eine Dusche erhält, ist keine Selbstverständlichkeit in vielen Ländern Europas.
Es gibt viel Arbeit, aber ich freue mich darauf. Wir arbeiten zusammen: erfahrene und entschlossene Sozialarbeiter, engagierte junge Männer im Zivildienst, Ehrenamtliche, oft frisch pensionierte Frauen, die einmal pro Woche Kuchen, Lächeln und viel Energie mitbringen, ein Kapuziner, der regelmäßig hierherkommt, um zuzuhören und zu helfen. Eine Sozialberatungsstelle liegt direkt nebenan.
Die Menschen, die kommen, haben oft schon einen langen Weg hinter sich. Der Salzburger Dialekt wird mit Rumänisch, Slowakisch, Arabisch, Hochdeutsch aus Norddeutschland und vielen anderen Sprachen vermischt. "Grenzenlos menschlich" steht auf den Schürzen, die wir in der Küche tragen.
Die Zeit im Tageszentrum fließt anders – aber anders als was? Bestimmt anders als ich es gewohnt war in meiner Büroarbeit vor dem Eintritt ins Noviziat. Andererseits nicht viel anders als bei meiner täglichen Meditation in der Kapelle. Zwischen einem Stapel schmutziger Teller und einem Wäschehaufen, zwischen Tischen, kurzen Grüßen und längeren Lebensgeschichten wachse ich langsam in die ignatianische Kontemplation in Aktion hinein.
Nach dem Mittagessen, wenn der Trubel nachlässt, sortiere ich das gespendete alte Brot und dann setzte ich mich hin und trinke auch einen Tee. Eine Frau bringt mir ihren Joghurt. Ich lehne dankend ab, aber sie sieht mich an und sagt: Das ist für deine Arbeit.
"… Hände, die schenken, erzählen von Gott, sie sagen, dass er mich erhält. …"
Das Tageszentrum befindet sich unter der Kirche der Hl. Elisabeth von Thüringen. Sie ist meine Firmpatronin. Das Noviziat ist allgemein die Zeit der Fragen, aber als ich hierher kam, wusste ich, dass ich jetzt bin, wo ich sein soll. Ich mag die Geschichte, wie Gott das Brot, das sie den Armen heimlich gebracht hat, in Rosen verwandelte. Sie erinnert mich daran, wie Er uns immer neu verwandelt – alle unsere guten Absichten, unsere Großzügigkeit und Mut, wie auch unsere Fehler, Müdigkeit, Angst oder Hilflosigkeit.
Um 17 Uhr schließt das Zentrum zu und ich eile durch die Straßen des wunderschönen Salzburgs, das für die Sommerfestspiele noch mehr verschönert wurde, um in die Messe zu kommen.
Zurück in Bad Reichenhall erwartet mich jeden Abend ein gedeckter Tisch, an den jeden Tag eine oder alle Schwestern kommen und mir zuhören, wie ich ihnen in meinem müden, gebrochenen Deutsch erzähle, was wir zum Mittagessen hatten und was mir am Herzen liegt. Beim Frühstück, bevor ich zum Zug renne, wünschen sie mir viel Glück für den neuen Tag.
"… Lippen, die segnen, erzählen von Gott; sie sagen, dass er mich erwählt. …"
Kamila Josefína Trojanová
Novizin der Congregatio Jesu