Auch alte Bäume wachsen
Begegnung von Seniorinnen CJ und Senioren SJ vom 14. bis 16. Mai 2018 im Kloster Oberzell, Haus Klara
Draußen, vor dem wunderbaren Garten des Klosters Oberzell, fließt der Main vorbei. In ihn strömt, am Gäste-Parkplatz entlang, das Wasser eines kleinen Baches, der klar ist und an dessen Rändern nicht nur Gras und Mohnblumen wachsen – es gibt auch Schatten spendende Bäume dort. Erst beim Beladen unserer Autos vor der Heimfahrt fällt mir das auf.
Ich durfte zum ersten Mal teilnehmen an der Begegnung von CJ Seniorinnen und SJ Senioren – und daran, dass uns die Augen und Sinne geöffnet wurden für eine Fülle von bestärkenden Gedanken, Bildern, Gesprächen und Begegnungen mit Bäumen, die groß sind und schon alt, und die immer noch wachsen.
„Wohl dem Mann, er ist wie ein Baum,
der an Wasserbächen gepflanzt ist,
der zur rechten Zeit seine Frucht bringt,
und dessen Blätter nicht welken.
Alles, was er tut, wird ihm gelingen.
Nicht so die Frevler; sie sind wie Spreu,
die der Wind verweht.“
Ps 1,3-4
Diese wenigen Worte aus dem Psalm 1 stehen für eine ganze Reihe von Texten, Bildern und Impulsen, die uns ermutigten, in Einzelbesinnung, Gespräch, Gebet und Gesang das Thema sozusagen von der Wurzel bis in die Blattspitzen zu erspüren.
Der Baum am Rand des Parkplatzes, nahe am Asphalt, mit Abgasen und dem Staub des dichten Verkehrs kämpfend, steht an diesem kleinen Bach und grünt und blüht und gedeiht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kannten und kennen solche Wachstumsbedingungen aus einem relativ langen Leben im Orden, im Apostolat, an den verschiedensten Lebensorten. Die Botschaft der exotischen und einheimischen, der großen, alten, hochgewachsenen Bäume des Klosters Oberzell, die Beschreibung ihrer Besonderheiten, Eigenarten und Empfindlichkeiten, ihrer Schönheit, Nützlichkeit und ihren Anfälligkeiten erschloss sich auf einem ausgedehnten Gang durch den Klostergarten mit Sr. Katharina Ganz, der Generaloberin der Oberzeller Schwestern. Es war nicht schwer, Rückschlüsse auf das eigene Leben, das eigene biologische Geworden-Sein und die Auswirkungen vieler Jahre eines Lebens in der „Gesellschaft Jesu“ zu ziehen.
P. Markus Franz SJ und Sr. Carmen Irrgang CJ hatten eine Fülle von anregenden Texten, Gebeten, Bildern, Liedern und Impulsen bereit, die sie zusammen mit Sr. Mechtild Steinberger CJ und Sr. Beatrix Meißner CJ anboten, um Jesuiten und Schwestern der Congregtio Jesu ins Gespräch zu bringen, sich auszutauschen, Anregungen zu geben und in Gebet und Gottesdienst zu vertiefen.
Auch alte Bäume wachsen. Die Jahresringe hinterlassen ihre Spuren und zeigen beim Baum, wann die Jahre reich und wann sie mager waren.
Auch alte Ordenschristen wachsen. Wer sich in die Grafik des Lebensbaums vertieft, sieht, worum es in den Einzelgedanken und Gruppengesprächen ging, wo die Schwerpunkte lagen, und wie es in einem Leben, so um die 70 bis 80 Jahre gewachsen, aussehen kann.
Dass auch das gesellige Beisammensein, das Zusammenspiel bei Schach, Scrabble oder Mensch-ärgere-Dich-nicht, bei Wein und Unterhaltung nicht zu kurz kam, dafür war ebenso gesorgt, wie für ein kulturelles Erlebnis ganz besonderer Art bei einem Besuch im Würzburger Dommuseum, in dem alte und zeitgenössische Kunst einander gegenübergestellt werden. Alt-Gewohntes aus der Bibel, dargestellt auf Gemälden und in Skulpturen, verfremdet und auch provozierend aufgenommen von heutigen Künstlern, vorwiegend aus der ehemaligen DDR, vermittelt von einer jungen, kompetenten Museums-Führerin, beschenkte uns mit interessanten und nachdenklich machenden Ein-Sichten.
Es hat etwas gedauert, bis dieser kleine Bericht geschrieben werden konnte. Der dichte Alltag hat es nicht eher zugelassen. Inzwischen ist die Auswertung der Reflexionsfragen erfolgt. Sie zeigen, dass darin viele und gute Anregungen für ein weiteres Treffen enthalten sind. Ein herzlicher Dank dem Team des Netzwerkes Altenarbeit in der MEP und Energie für die Zukunft Eurer Arbeit!
Text und Fotos: Sr. Irmtraud Erlwein CJ