300 neue Nachbarn

Alte Maria-Ward-Realschule wurde Erstaufnahmeeinrichtung von Flüchtlingen

Eichstätt. Was die Caritas mit dem Motto „Weit weg ist näher, als du denkst!“ ausdrückt, ist für die Maria-Ward-Schwestern in Eichstätt in kürzester Zeit Wirklichkeit geworden. Das ehemalige Gebäude der Maria-Ward-Realschule, das Eigentum des Bistums Eichstätt ist, wurde durch Bischof Gregor Maria Hanke für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsregierung und dem Engagement von Kirche, Stadt und Landkreis Eichstätt wurde der Gebäudekomplex innerhalb einer Woche bezugsbereit gemacht und schon am 2. Oktober 2014 zogen rund 200 Flüchtlinge ein. Die Unterkunft dient der Erstaufnahme von Flüchtlingen und ist eine Außenstelle der Bayernkaserne München.

Die Armen zu lieben

Bei der Bürgerversammlung am Dienstag, 30. September, wies Sr. Claudia darauf hin, dass die „neue Flüchtlingsunterkunft“ in „Maria Ward“ (so wird das Haus in Eichstätt genannt) eine gute Fürsprecherin im Himmel hat. Denn „Die Armen zu lieben das war das ganze Streben Maria Wards“, wie es auf ihrem Grabstein zu lesen ist. Da die Maria-Ward-Schwestern in einem Gebäudeteil der neuen Flüchtlingsunterkunft direkt angrenzen, versprach Sr. Claudia, dass die Schwestern alle Verantwortlichen, alle Helfenden und alle, die in das Haus einziehen werde, mit ihrem begleitenden Gebet gerne unterstützen.

Inzwischen ist auch schon ein guter Kontakt zwischen den Schwestern und der neuen Nachbarschaft gewachsen. Zu den 200 Flüchtlingen gehören viele Familien mit Kindern (etwa 60 Jugendliche und Kinder). Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, aber auch aus dem Irak, aus Afghanistan, aus Pakistan und von Afrika vor allem aus Eritrea. Demnächst – wenn das Haus den weiteren Brandschutzmaßnahmen entspricht – werden weitere 100 Personen ankommen.

Ich selber besuche die „Maria-Ward-Unterkunft“ mit Erlaubnis des Sicherheitsdienstes an jedem Abend. Die Kinder führen mich dann oft zu ihren Familien, die in Klassenzimmern untergebracht sind und sind stolz, mir ihre Angehörigen vorzustellen. So lernte ich zum Beispiel eine blinde Großmutter kennen oder eine Mutter, die vier Kinder bei sich hat (eines davon hat seine Eltern verloren und sie hat es dazu angenommen). Aber genau diese Mutter berichtet auch, dass ihr Baby noch mit dem Vater in Syrien bleiben musste, was sie sehr schmerzt. Viele Frauen sind auch ohne Männer hier angekommen, weil diese noch im Krieg im Irak oder in Syrien sind.

Frage nach Rosenkränzen und Kreuzen

Bekanntschaft konnte ich zudem mit einer Gruppe christlicher Männer aus Eritrea machen, denen ich zum Kontakt im Collegium Orientale hier in Eichstätt verhalf. Sie besuchen dort nun die Gottesdienste im byzantinisch-orthodoxen Ritus, worüber sie sich sehr freuen. Zudem wurde ich immer wieder nach Rosenkränzen oder Kreuzen gefragt, die ich zwischendurch verteile. Um in der Sprache etwas zu unterstützen, verschenke ich dazwischen kleine Langenscheidts-Lexikas (arabisch/deutsch), die gerne als Ersthilfe für die deutsche Sprache verwendet werden.

Das Wichtigste bleibt jedoch, dass sich die Menschen hier willkommen erfahren. Ein Lächeln, eine kleine Willkommensgeste, eine Händeschütteln, ein gutes Wort, ein Gebet, ein Spiel mit den Kindern schenkt Beziehung und Anerkennung mitten im Elend und Leid. Und das tun unsere älteren Schwestern hier in bewundernswerter Offenheit und Freude.

Engagierte Ehrenamtliche

Sehr anerkennen möchte ich den Dienst der vielen Ehrenamtlichen hier in Eichstätt: vor allem von den Maltesern, der Notfallseelsorge des Bistums, der Caritas, der Stadt, dem Landkreis und vielen mehr. Sie waren in den ersten Tagen rund um die Uhr im Einsatz und unterstützen weiterhin nach Kräften. Auch gibt es regelmäßige Besuche von Bischof, Bürgermeister, Landrat… Bewundernswert ist auch der Einsatz der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes rund um die Uhr, die einen guten Umgang mit den Menschen haben und wirklich für eine gute Atmosphäre im Haus sorgen. Das möchte ich nach den Negativ-Schlagzeigen der Medien in den vergangenen Wochen bezüglich des Themas Sicherheitsdienste besonders erwähnen.

Text Sr. Claudia Köberlein CJ